"SMS-Diplomatie":Streit in der Koalition um Syrien-Vorstoß

Bundeswehr-Einsatz in Mali: Kramp-Karrenbauer beim Besuch in Gao

Verteidigungsministerin Annegret Kramp-Karrenbauer (CDU) beim Besuch von Bundeswehrsoldaten im westafrikanischen Mali.

(Foto: Arne Immanuel Bänsch/dpa)

Die SPD kritisiert den Vorschlag von Verteidigungsministerin Kramp-Karrenbauer, eine Schutzmission in das Kriegsgebiet zu entsenden. Die Initiative sei nicht abgesprochen gewesen.

Von Robert Roßmann und Mike Szymanski, Berlin

In der SPD stößt die Syrien-Initiative von Verteidigungsministerin und CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer auf heftige Kritik. Der Chef der SPD-Bundestagsfraktion, Rolf Mützenich, zeigte sich am Dienstag irritiert davon, dass die Ministerin den Vorschlag nicht mit dem Koalitionspartner abgestimmt habe. Es dürfe in der Bundesregierung nicht üblich werden, sich durch SMS über Initiativen in Kenntnis zu setzen, sagte Mützenich.

Die Verteidigungsministerin hat am Montagabend eine internationale Schutzmission für Nordsyrien vorgeschlagen. Offenbar informierte sie den sozialdemokratischen Koalitionspartner erst kurz vorher per SMS, ohne inhaltliche Details zu nennen. Außenminister Heiko Maas sagte laut Teilnehmern in der SPD-Fraktionssitzung: "Aus der SMS-Diplomatie wird schnell eine SOS-Diplomatie." Öffentlich rügte er, der Vorstoß habe "Irritationen" bei Verbündeten ausgelöst. Angeblich hatte Kramp-Karrenbauer Maas in der SMS lediglich darauf hingewiesen, dass über die Deutsche Presseagentur demnächst eine Initiative von ihr gemeldet werde. Auf eine Nachfrage zu dem genauen Inhalt habe sie aber nicht reagiert.

Bundeskanzlerin Angela Merkel bekundete in der Unionsfraktion dagegen Unterstützung für die Verteidigungsministerin. Der Gedanke, im Norden Syriens Schutzzonen einzurichten, sei sehr vielversprechend, sagt Merkel Teilnehmern zufolge. Einen Versuch seien die Vorschläge Kramp-Karrenbauers "allemal wert". Allerdings seien noch viele Fragen offen. Die Pläne sollten jetzt auch in der Koalition besprochen werden. Schutzzonen würden nur mit einem Mandat der Vereinten Nationen und in einem System kollektiver Sicherheit funktionieren. Merkel kündigte an, sie werde mit dem französischen Präsidenten, dem britischen Premier und dem türkischen Präsidenten über den Vorschlag Kramp-Karrenbauers sprechen.

Noch während der Fraktionssitzungen von Union und SPD kamen Merkel, Kramp-Karrenbauer, Maas und Vizekanzler Olaf Scholz zu einem Gespräch zusammen. Auch dabei gab es keine Verständigung. Scholz zeigte sich anschließend vor seiner Fraktion erschrocken darüber, wie wenig konkret Kramp-Karrenbauer auf Fragen der SPD hätte antworten können, die Ministerin habe "das Klassenziel nicht erreicht."

International blieben offizielle Reaktionen zunächst weitgehend aus. Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow sprach von einer "neuen Idee", die man prüfen werde. Präsident Wladimir Putin traf in Sotschi den türkischen Staatschef Recep Tayyip Erdoğan, um über die Lage in Syrien zu beraten. Erdoğan drohte, die Türkei werde die Offensive wieder aufnehmen, wenn sich nicht 1300 verbliebene kurdische Milizionäre aus dem Gebiet zwischen den Städten Ras al-Ain und Tel Abjad zurückzögen. Erdoğan wollte Putins Unterstützung für eine Sicherheitszone entlang der gesamten Grenze zu Syrien gewinnen, die von der Türkei kontrolliert werden würde. Russland lehnt bislang die Präsenz ausländischer Truppen in Syrien ab, sofern diese dort nicht auf Einladung von Präsident Baschar al-Assad stationiert sind.

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