Vor dem Beginn von Beratungen zwischen den USA und Russland über ein Ende des Ukraine-Kriegs ringen die Europäer um ihre Positionierung. Am Montag wollen Staats- und Regierungschefs sowie Vertreter von EU-Institutionen und der Nato in Paris über ein gemeinsames Vorgehen beraten. Das Treffen findet auf Einladung von Frankreichs Präsident Emmanuel Macron statt. Teilnehmen werden unter anderem EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, Nato-Generalsekretär Mark Rutte, Bundeskanzler Olaf Scholz und weitere Staats- und Regierungschefs aus europäischen Staaten, darunter der britische Premier Keir Starmer.
Bereits in der kommenden Woche wollen sich hochrangige Mitarbeiter von US-Präsident Donald Trump mit russischen Vertretern treffen. So sollen Außenminister Marco Rubio, der Nationale Sicherheitsberater Mike Waltz und der Trump-Vertraute Steve Witkoff nach Saudi-Arabien reisen, um mit russischen Vertretern über einen Weg zur Beendigung des Krieges in der Ukraine zu beraten. Witkoff ist eigentlich Nahost-Beauftragter, hat aber kürzlich in Moskau die Freilassung eines inhaftierten US-Amerikaners ausgehandelt. Nach dem Telefonat zwischen dem US-Präsidenten Donald Trump und dem russischen Präsidenten Wladimir Putin am Mittwoch wären es die ersten offiziellen Gespräche zwischen den beiden Großmächten seit Russlands Überfall der Ukraine. Ob auch Vertreter aus Kiew an dem Treffen teilnehmen werden, ist bislang unklar.
Sollte dies nicht der Fall sein, könnte ein Szenario eintreten, vor dem seit Monaten gewarnt wurde. Es wird befürchtet, dass Trump versuchen könnte, ein Abkommen mit Russland zu erreichen, das keine starken Sicherheitsgarantien für die Ukraine oder tragfähigen Bedingungen für einen dauerhaften Frieden enthält. Der ukrainische Präsident Wolodimir Selenskij sagte auf der Münchner Sicherheitskonferenz, sein Land müsse in alle Gespräche über sein Schicksal einbezogen werden. Europäische Vertreter hatten in den vergangenen Tagen immer wieder deutlich gemacht, dass Gespräche über Europa nur unter Einbeziehung der Europäer geführt werden dürften.
Kein Platz für Europäer bei Verhandlungen
Der US-Sondergesandte für die Ukraine, Keith Kellogg, hatte ebenfalls während der Sicherheitskonferenz gesagt, dass Europa keinen Platz bei den Friedensgesprächen haben werde. Das hatte unter europäischen Vertretern scharfe Kritik ausgelöst. Als Kellogg später mit dieser Aussagen konfrontiert wurde, reagierte er ausweichend mit: „Definieren Sie: am Tisch.“ Es sei aber falsch zu denken, Trump werde das allein machen. „Wir haben das nie, er hat das nie gesagt. Es ist alles eine Definition von Begrifflichkeiten“, sagte Kellogg und betonte die Entschlossenheit der USA, den Krieg in der Ukraine schnell zu beenden. „Amerika zuerst ist nie Amerika allein“, das habe auch Trump nie behauptet, so der Sonderbeauftragte. Und: „Wenn wir einen Friedensdeal vereinbaren, stellen wir sicher, dass er durchführbar ist, ein guter Deal, ein fairer Deal.“
Wenn es zu echten Verhandlungen komme, müssten auch die Ukraine und die Europäer beteiligt werden, sagte US-Außenminister Marco Rubio am Sonntag dem Sender CBS. „Wir sind noch nicht dort, wirklich nicht, aber hoffentlich werden wir es sein und wir würden alle gerne sehen, wie dieser Krieg endet“, so Rubio.
Das Telefonat zwischen Donald Trump und dem russischen Machthaber Putin am Mittwoch wertet der Kreml als Wende in den Beziehungen zwischen den beiden Ländern. „Das ist ein starkes Signal, dass wir nun versuchen werden, Probleme durch Dialog zu lösen“, sagte Präsidialamtssprecher Dmitrij Peskow. „Jetzt werden wir über Frieden sprechen, nicht über Krieg.“ Für ein Treffen der beiden Präsidenten sei aber „noch viel Vorbereitung“ nötig, sagte Peskow laut der Deutschen Presse-Agentur.
Die USA schicken eine Art Fragebogen
Wie am Samstag auf der Sicherheitskonferenz bekannt wurde, verlangen die Vereinigten Staaten von den Europäern konkrete Zusagen für die Absicherung eines Friedensabkommens in der Ukraine. Die USA haben in der vergangenen Woche eine Art Fragebogen in die europäischen Hauptstädte gesendet. Sie wollen wissen, was diese beitragen können, um ein Friedensabkommen zu sichern. In dem Fragebogen sollen die europäischen Staaten auflisten, welche Waffensysteme sie nach einem Friedensabkommen liefern können, welche Truppen sie zur Verfügung stellen und welche Sicherheitsgarantien sie abgeben können.
In München sagte Nato-Generalsekretär Mark Rutte, dass die Europäer „Vorschläge und Ideen“ für die Zeit nach einem Friedensabkommen vorlegen müssten, wenn sie bei den Verhandlungen zwischen den USA, Russland und der Ukraine eine Rolle spielen wollten. „Sie müssen sich den Weg an den Tisch erkämpfen“, so Rutte.
Unterdessen suchen die 27 Mitglieder der Europäischen Union nach Wegen, eine bessere Ausstattung ihrer Streitkräfte zu finanzieren. EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hatte am Freitag vorgeschlagen, Verteidigungsinvestitionen künftig nicht mehr auf die EU-Schuldengrenzen des Stabilitätspakts anzurechnen. Diese werden von der Kommission überwacht. Von der Leyen kündigte auf der Sicherheitskonferenz offiziell an, ihre Behörde werde hier flexibel sein. Damit könnte das Argument mancher EU-Regierung wegfallen, dass man gerne mehr Geld in die eigene Armee stecken würde, aber die Brüsseler Regeln das unmöglich machen würden.