Treffen mit dem US-Präsidenten:May bei Trump: Handelsreise mit Tücken

  • Am Freitagabend trifft die britische Premierministerin Theresa May in Washington den neuen US-Präsidenten Donald Trump.
  • Nach dem Brexit hofft London auf gute Beziehungen zu den USA, insbesondere auf ein bilaterales Handelsabkommen.
  • Doch wie groß das Interesse der Amerikaner daran ist, ist noch unklar.

Analyse von Thorsten Denkler

Wie wird es sein, wenn am Freitagabend mitteleuropäischer Zeit die britische Premierministerin Theresa May in Washington auf den neuen US-Präsidenten Donald Trump trifft? Wie könnte so ein Gespräch ablaufen? Nach dem, wie er in Interviews auftritt, dürften Sätze fallen wie diese: "Großbritannien ist ein großartiges Land. Ich liebe das Land sehr. Ich bin der größte Liebhaber von Großbritannien auf der Erde." Oder so ähnlich.

Donald Trump ist der Mann, mit dem die Europäer jetzt irgendwie klarkommen müssen. Und May ist die erste europäische Regierungschefin, die erste ausländische Regierungschefin überhaupt, die den US-Präsidenten von Angesicht zu Angesicht treffen wird.

Es darf deshalb vermutet werden, dass May nach dem Treffen einige Telefonate mit ihren europäischen Amtskollegen führen wird. Und sie werden fragen: "Ist der wirklich so? Ist alles noch viel schlimmer?"

May fliegt mit großen Absichten in die Vereinigten Staaten. Sie will über den Syrien-Konflikt reden, über die Nato, über Russland. Über Themen also, mit denen Trump viele Europäer massiv irritiert hat. Die Nato sei "obsolet", sagte er in einem Interview mit der Bild und der Londoner Times. Aus Syrien scheint sich Trump künftig raushalten zu wollen. Mit Putin scheint er sich besser zu verstehen als mit Kanzlerin Angela Merkel.

Mays Ziel: ein bilaterales Handelsabkommen

Doch May reist nicht für die Europäer in die USA. Sie tut es vor allem mit dem Ziel, ein bilaterales Handelsabkommen auf den Weg zu bringen. Wenn es ernst wird mit dem Ausstieg der Briten aus der Europäischen Union, dann braucht das Vereinigte Königreich dringend neue Partner in der Welt. May will den harten Brexit, also auch den Ausstieg aus dem EU-Binnenmarkt. Das macht die Sache um so dringender.

Zumal die EU-Europäer nach heutigem Stand kaum gewillt sind, es den Briten leicht zu machen. May glaubt etwa, Großbritannien könnte der bestmögliche Zugang zum EU-Binnenmarkt gewährt werden, ohne EU-Bürgern ein Arbeitsrecht auf den Britischen Inseln zu geben. EU-Vertreter haben solche Ideen bereits als unrealistisch abgetan.

Ende März will May das Ausstiegsverfahren nach Artikel 50 der Europäischen Verträge in Gang setzen. Ein Gesetz dazu hat sie jetzt dem britischen Parlament vorgelegt. Der Oberste Gerichtshof hat das so verfügt. Aber May hält an ihrem Zeitplan fest: Bis spätestens Mitte Februar sollen die Mitglieder des Ober- und des Unterhauses das Gesetz nun absegnen.

Und dann wird es ernst. So ernst, dass May mit Trump so konkret wie möglich die künftige Zusammenarbeit der beiden Staaten vorzeichnen möchte.

Die USA sind heute schon der zweitwichtigste Handelspartner für Großbritannien. Nach Deutschland. Das Handelsvolumen beträgt gewaltige 173 Milliarden Euro, aus den USA kommen die meisten Investitionen in den britischen Markt.

Das möchte May gerne ausbauen. "Er hat mir bereits versichert, dass er eine sehr enge Beziehung zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich wünscht", sagt May in einem BBC-Fernsehinterview. Nur weiß im Moment niemand, was solche Versicherungen wert sind. May versprüht dennoch Optimismus: Großbritannien und die USA würden nach dem Brexit und mit Trump als Präsidenten, wieder "gemeinsam die Welt führen".

Am Anfang ein Affront

Vielleicht hilft auf dem Weg das Gastgeschenk, dass May dem US-Präsidenten überreichen will: ein altertümliches schottisches Trinkgefäß namens "Quaich", das als "Kelch der Freundschaft" bekannt ist. Trumps Mutter war schottischer Herkunft. Und Trump hat bekannterweise eine Vorliebe für Schottland.

Den Brexit hat Trump immer unterstützt - anders als May, die ursprünglich dagegen war. Jetzt kommt ihr natürlich entgegen, dass Trump schon im Juni tönte: "Ihr werdet sicher nicht am Ende der Schlange stehen."

Weniger gefallen haben dürfte May allerdings, dass Trump mit Nigel Farage einen der Führer der britischen Brexit-Bewegung als ersten europäischen Politiker überhaupt nach der Wahl am 8. November im Trump Tower in New York empfangen hat. Auf Fotos scheinen beide ausgelassener Stimmung zu sein. Trump sorgte für weitere Verstimmungen, als er der britischen Regierung empfahl, Farage doch als Botschafter nach Washington zu entsenden. Die britische Regierung wies prompt darauf hin, dass sie solche Ratschläge nicht nötig habe.

Die nächste Demütigung musste May einstecken, als Trump ausgerechnet Michael Gove an der Seite von Ex-Bild-Chef Kai Diekmann zum Interview für die Times im Trump Tower empfing. Gove ist damit der erste Tory-Politiker, den Trump nach seiner Wahl getroffen hat. Der knallharte Brexit-Befürworter und Ex-Minister verdient sich jetzt ein Zubrot als Journalist. May hatte ihn kaltgestellt und auf die Hinterbänke des britischen Unterhauses verwiesen.

Winston Churchills Büste als positives Signal

May kann es hingegen als Zeichen von Trumps Zuneigung gegenüber Großbritannien werten, dass er im Oval Office wieder die Büste des britischen Kriegspremiers Winston Churchill hat aufstellen lassen. Auch dass Trump das Transpazifische Handelsabkommen mit Japan, Australien und etwa Vietnam (TPP) aufkündigte, kann sie hoffen lassen. Trump will Handel - nur eben nach seinen Spielregeln. Ob das für die Briten gut oder schlecht sein wird, muss sich zeigen.

Denn Trump wird wohl ernst machen mit seiner Devise "America first", Amerika zuerst. Der Pressesprecher des Weißen Hauses, Sean Spicer, pries am Montag zwar die besonderen Beziehungen zwischen den USA und dem Vereinigten Königreich. Aber er sagte auch: "Eine engere Zusammenarbeit ist immer möglich." Das kann eine Einladung sein. Das kann aber auch der Hinweis sein, dass ein freundliches Gesicht harte Verhandlungen nicht ausschließt.

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