Süddeutsche Zeitung

Treffen in Iran:Putin knüpft in Teheran neue Allianzen

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Bei seiner ersten Auslandsreise seit Kriegsbeginn berät Russlands Präsident mit seinen Kollegen aus Iran und der Türkei.

Von Mirco Keilberth

Kremlchef Wladimir Putin zu einem Gipfeltreffen mit seinen iranischen und türkischen Amtskollegen in Irans Hauptstadt Teheran eingetroffen. Es ist seine erste Reise außerhalb von Ländern der ehemaligen Sowjetunion seit dem Beginn des russischen Angriffs auf die Ukraine am 24. Februar. Bilder des Staatsfernsehens zeigten den russischen Präsidenten am Hauptstadtflughafen Mehrabad. Der türkische Staatschef Recep Tayyip Erdoğan traf sich zuvor bereits zu Gesprächen mit Irans Präsident Ebrahim Raisi und dem obersten Religionsführer Ajatollah Ali Chamenei.

Bei dem Gipfeltreffen der drei Staatschefs sprachen sie über die Lage im Bürgerkriegsland Syrien. Raisi forderte eine diplomatische Lösung. Die drei Staaten haben bereits in der Vergangenheit über Syriens Zukunft verhandelt. Russland und Iran unterstützen die syrische Regierung, die Türkei wiederum ist mit der Opposition verbündet. Irans religiöser Führer Chamenei riet Erdoğan erneut energisch ab, im Nordwesten Syriens eine Offensive gegen die kurdischen YPG-Milizen zu starten. "Wir betrachten die Sicherheit in Syrien als unsere eigene Sicherheit , und die Türkei sollte das auch tun", sagte er. Doch Erdoğan wird kaum auf die iranischen Garantien für die Sicherheit in dem 30 Kilometer breiten Grenzstreifen eingehen wollen, in dem die kurdischen Rebellen seit Jahren auch gegen den islamischen Staat vorgehen.

Unmittelbar vor Putins Besuch hat der Staatskonzern Gazprom mit dem Nationalen Iranischen Ölunternehmen NIOC einen etwa 40 Milliarden Dollar schweren Kooperationsvertrag unterzeichnet. Wie die Nachrichtenagentur des iranischen Ölministeriums, Shana, mitteilte, unterzeichneten die Chefs beider Konzerne bei einer Online-Zeremonie eine entsprechende Absichtserklärung. Demnach erhält das NIOC Unterstützung von Gazprom bei der Entwicklung von zwei Gas- und sechs Ölfeldern. Der russische Konzern werde auch am Abschluss von Flüssiggas-Projekten sowie beim Bau von Pipelines für den Gasexport beteiligt.

Iran verfügt nach Russland über die zweitgrößten Gasvorkommen der Welt. US-Sanktionen haben das Land aber von Technologien abgeschnitten und die Entwicklung des Gas-Exportgeschäfts eingeschränkt. Die USA hatten sich unter dem früheren Präsidenten Donald Trump einseitig aus dem Atomabkommen mit Iran zurückgezogen und wieder Strafmaßnahmen in Kraft gesetzt. Der Krieg in der Ukraine wirkt sich auf den weltweiten Öl- und Gasmarkt aus, die Preise sind stark gestiegen.

Das Treffen der Staatspräsidenten könnte ein Wendepunkt werden und die Macht in der Region zugunsten des Trios verschieben. Die drei Länder eint der Wunsch, ihre Interessen in der Region ohne westliche Einmischung durchzusetzen. Ein Kompromiss zwischen Russlands Präsident Putin, dem iranischen Staatspräsidenten und dem Nato-Mitglied Türkei trotz ihrer diametral auseinanderliegenden Ziele könnte Europa in eine Bittstellerrolle zwängen, warnen Beobachter. Auch könnten die Gefahren einer Energie-, einer Flüchtlings- und wohl auch einer Wirtschaftskrise weiter wachsen.

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