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Treffen in Ankara:Nicht festlegen, nicht bewegen

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US-Außenminister Rex Tillerson besucht die Türkei. Das größte Streitthema ist der Umgang mit der kurdischen YPG-Miliz im Kampf gegen den IS.

Von Mike Szymanski, Istanbul

Das türkisch-amerikanische Verhältnis bleibt auch nach dem Wechsel im Weißen Haus angespannt. US-Außenminister Rex Tillerson hat bei seinem ersten Besuch in Ankara zwar viel Lob für den Einsatz des Nato-Partners Türkei im Syrienkonflikt überbracht und die Bedeutung der Zusammenarbeit betont. Bei einem gemeinsamen Auftritt mit dem türkischen Außenminister Mevlüt Çavuşoğlu vermied er es jedoch, sich bei verschiedenen Konfliktpunkten festzulegen oder auf die Türkei zuzubewegen.

Tillerson traf am Donnerstag auch Präsident Recep Tayyip Erdoğan und Regierungschef Binali Yıldırım. Er ist der ranghöchste US-Vertreter, der seit der Amtsübernahme von Donald Trump die Türkei besucht hat. Zwischen den Nato-Partnern herrscht vor allem Streit darüber, wie der Kampf gegen die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) in Syrien zu führen ist. Trotz heftiger Kritik aus Ankara kooperieren die USA mit der Kurdenmiliz YPG, die von der türkischen Regierung als Ableger der Terrororganisation PKK betrachtet wird. Der frühere US-Präsident Barack Obama war der Auffassung, nur mit deren Hilfe könne der IS besiegt werden. Von Trump hat sich Ankara einen Strategiewechsel in der Syrienpolitik versprochen.

Zwischen den Ländern herrscht vor allem Streit, wie der Kampf gegen den IS geführt werden soll

Präsident Erdoğan hatte mehrfach die Bereitschaft erklärt, sich militärisch stärker einzubringen, wenn die USA die Zusammenarbeit mit den kurdischen Kämpfern beenden. Die Türkei drängt die Amerikaner, mit einem gemeinsamen Militäreinsatz den IS aus seiner Hochburg Raqqa zu vertreiben. Çavuşoğlu erinnerte Tillerson daran, dass dieser Streitpunkt unter Obama das Verhältnis beider Länder belastet habe. Es sei nicht richtig, eine Terrororganisation wie den IS mithilfe einer anderen Terrororganisation zu bekämpfen.

Auch auf Nachfragen von Journalisten ging Tillerson nicht näher auf die künftige Zusammenarbeit mit den kurdischen Kämpfern ein. Es sagte lediglich, dass die Türkei und die USA in engen Gesprächen miteinander seien und man vor "schwierigen Entscheidungen" stünde. Ziel sei es, den IS überall zu besiegen, wo er sich zeige.

Zu diesem Zweck rücken die USA offenbar auch von Obamas Kurs im Hinblick auf die Zukunft des syrischen Diktators Baschar al-Assad ab: Der "langfristige Status" von Assad müsse von den Syrern selbst bestimmt werden, sagte Tillerson in Ankara. Obama hingegen hatte Assads Rückzug von der Macht ebenso wie die Aufständischen zu einem politischen Ziel erklärt. Tillerson lobte Ankara ausdrücklich dafür, das Grenzgebiet zur Türkei in einer Militäroffensive vom IS befreit zu haben. Der türkische Premier Yıldırım hatte den Einsatz im Norden Syriens am Mittwochabend für beendet erklärt.

Bei den Gesprächen ging es auch um die von der Türkei geforderte Auslieferung des in den USA lebenden islamischen Predigers Fethullah Gülen. Ankara hält ihn für den Drahtzieher des versuchten Militärputsches 2016. Die Vorgängerregierung hatte immer darauf verwiesen, dass der Fall von der Justiz geprüft werde. Ankara verliert offenbar die Geduld. Çavuşoğlu wiederholte die Forderung, Gülen müsse von den Behörden in den USA festgesetzt werden. Für weiteren Ärger sorgt die Verhaftung eines türkischen Spitzenbankers in den USA. Ihm werden Verstöße gegen Iran-Sanktionen vorgeworfen. Justizminister Bekir Bozdağ sprach am Donnerstag von einem "politisch" motivierten Vorgehen. Es ziele darauf ab, den türkischen Staat zu beschmutzen.

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SZ vom 31.03.2017
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