Union und SPD ringen um eine gemeinsame Renten- und Arbeitsmarktpolitik. Am Samstagabend berieten sich Kanzlerin Angela Merkel, CSU-Chef Horst Seehofer und Finanzminister Olaf Scholz (SPD) stundenlang im Kanzleramt. Nach dpa-Informationen konnten sich die drei Politiker nicht auf konkrete Beschlüsse einigen. Demnach soll es in der Runde auch Streit gegeben haben.
Merkel, Seehofer und Scholz planen für Sonntag jeweils getrennte öffentliche Auftritte. Der Finanzminister stellt sich am frühen Nachmittag beim Tag der offenen Tür der Bundespressekonferenz Fragen der Bürger. Die beiden Unionspolitiker werden zu Sommerinterviews von ARD und ZDF erwartet, die am Abend ausgestrahlt werden sollen.
Die SPD wirft dem Koalitionspartner vor, das geplante Rentenpaket zu blockieren. Das weist die Union zurück. Die Pläne von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) sehen vor, Mütterrente und Erwerbsminderungsrente anzuheben, Geringverdiener bei Sozialbeiträgen zu entlasten sowie das Rentenniveau und die Beitragssätze bis 2025 zu stabilisieren.
"Die SPD-Fraktion wird bei der Rente keine weiteren Zugeständnisse mehr machen", sagte Carsten Schneider der Bild am Sonntag. Der parlamentarische Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion hält es für eine zentrale Aufgabe der Politik, das Rentenniveau zu stabilisieren. "Wir erwarten eine umgehende Zustimmung im Kabinett zum Rentenpaket. Die Geduld der SPD-Fraktion ist aufgebraucht", sagte Schneider.
Uneins ist die Koalition auch, ob Beitragszahler beim Arbeitslosenbeitrag entlastet werden sollen. Das hatte die Union verlangt. Heil hält das für vorstellbar, knüpft es aber an Bedingungen. So sollten kleine und mittlere Firmen bei Investitionen in Weiterbildung unterstützt werden. Zudem geht es um Verbesserungen für kurzfristig Beschäftigte beim Arbeitslosengeld.
SPD-Haushaltsexperte regt zusätzliche Steuern an
Seehofer hatte sich vor dem Treffen im Kanzleramt zuversichtlich gezeigt, dass die große Koalition nach dem erbitterten Streit in der Flüchtlingspolitik ein Signal der Handlungsfähigkeit setzen kann. Zwar seien die Probleme riesig, gerade was die Zukunft der Rente angehe. Vielleicht werde man nicht alle Probleme sofort lösen, "aber ich glaube, wir werden wesentliche Schritte vorankommen", sagte Seehofer.
SPD-Haushaltsexperte Johannes Kahrs brachte zusätzliche Steuern ins Gespräch, um die gesetzliche Rente bis 2040 zu garantieren. "Der Zuschuss aus dem Bundeshaushalt für die Rente wird langfristig steigen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe. "Wir müssen über zusätzliche Einnahmequellen sprechen, zum Beispiel über die Finanztransaktionssteuer oder eine zusätzliche Steuer für große Vermögen." Die Verschiebung des Soli-Abbaus oder eine höhere Mehrwertsteuer seien aber kein Thema.
Das Finanzministerium dementierte indes eine Spiegel-Meldung. Das Magazin hatte über mögliche Steuererhöhungen zur Stabilisierung des Rentenniveaus berichtet. "Es gibt keine Berechnungen zu den Überlegungen des Ministers und auch keine Pläne, den Abbau des Solidaritätszuschlags zu kippen", sagte ein Sprecher. Vergangene Woche hatte Scholz gefordert, dass die Bundesregierung eine Garantie für das Rentenniveau bis ins Jahr 2040 beschließt. Wenn die Arbeitnehmer im Durchschnitt mehr verdienen, müsste dann auch die Standardrente entsprechend steigen.