Trauerfeier in Hannover:Letzte Ehre für gefallene Soldaten

Deutschland nimmt Abschied von den in Afghanistan getöteten Soldaten: Unter den Trauergästen in Hannover war auch Verteidigungsminister de Maizière. Die Bundeswehr dürfe den Terroristen in Afghanistan nicht die Macht überlassen, warnte er.

Mit einer Trauerfeier in Hannover hat die Bundeswehr Abschied von drei Soldaten genommen, die in Afghanistan getötet wurden. Etwa 450 Trauergäste versammelten sich in der evangelischen Epiphaniaskirche in Hannover.

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Trauerfeier in Hannover für die im Afghanistan-Einsatz getöteten Soldaten: 450 Trauergäste versammelten sich in der evangelischen Epiphaniaskirche.

(Foto: AFP)

Die Trauerfeier stand unter dem Eindruck des neuen Anschlags vom Donnerstag, bei dem ein 23 Jahre alter Soldat getötet wurde. Bundeskanzlerin Angela Merkel sprach den Angehörigen und Freunden des getöteten Soldaten ihr Mitgefühl aus: Die Kanzlerin sei "tief traurig" über den Tod des 23-Jährigen und die zum Teil schweren Verletzungen von fünf Kameraden, sagte Regierungssprecher Steffen Seibert.

An der Trauerfeier in Hannover nahm auch Verteidigungsminister Thomas de Maizière teil. Für de Maizière ist es das erste Mal seit seinem Amtsantritt im März, dass er gefallenen Soldaten die letzte Ehre erweist. Mit eindringlichen Worten warnte der CDU-Politiker davor, vor der Gewalt der Taliban in Afghanistan zurückzuweichen. "Terroristen dürfen nie das letzte Wort haben", sagte er.

Das Ziel der Aufständischen sei, Vertrauen zwischen der internationalen Schutztruppe und den afghanischen Sicherheitskräften zu zerstören. "Vertrauen kann und darf nicht erfolgreich weggesprengt werden." De Maizière betonte, dass Zweifel am Afghanistan-Einsatz zwar notwendig seien. Sie müssten aber überwunden werden, wenn man vom Ziel insgesamt überzeugt sei. "Und das sind wir", sagte der Verteidigungsminister.

Der deutsche Isaf-Regionalkommandeur, Generalmajor Markus Kneip, der bei dem Anschlag am vergangenen Samstag verwundet worden war, konnte wegen seiner Verletzungen nicht teilnehmen. Bei dem Attentat auf ein deutsch-afghanisches Sicherheitstreffen in Talokan waren ein 31 Jahre alter Hauptfeldwebel des Feldjägerbataillons 152 aus Hannover und ein 43 Jahre alter Major des Führungsunterstützungsbataillons 282 aus Kastellaun (Rheinland-Pfalz) getötet worden. Erst drei Tage zuvor war ein 33 Jahre alter Hauptmann der Division Spezielle Operationen aus Stadtallendorf in Hessen bei einer Sprengstoffattacke in der Nähe von Kundus gefallen.

Insgesamt sind nun 34 Bundeswehrangehörige bei Gefechten oder Anschlägen in Afghanistan gefallen, insgesamt kamen dort 52 deutsche Soldaten ums Leben.

Kritik an Bundeswehr-Ausrüstung

Nach der jüngsten Anschlagsserie auf die Bundeswehr ist die Debatte über die Ausrüstung und Strategie der Truppe neu entbrannt. Der Wehrbeauftragte Hellmut Königshaus kritisierte, die Beschaffung von geschützten Fahrzeugen für das Räumen von Sprengfallen dauere zu lange.

Das Verteidigungsministerium stellte derweil in Aussicht, dass schon von Oktober an mit Robotertechnik ausgestattete Fahrzeuge im Einsatz sein sollen. Diese können Sprengfallen auf Straßen aufspüren und räumen. 2013 sollen auch Fahrzeuge zur Kampfmittelaufspürung und -räumung im Gelände eingesetzt werden.

Unter anderem die USA setzen vergleichbare Technik schon seit längerem in Afghanistan ein. Sie seien der Bundeswehr in Sachen Räumfähigkeit etwa zwei Jahre voraus, hieß es aus dem Ministerium. Seit 2009 seien unter anderem unbemannte Fahrzeuge mit Metalldetektoren und Fahrzeuge mit ferngesteuerten Fräsen entwickelt worden, sagte der Sprecher weiter. Für die Entwicklung sei ein gewisser Vorlauf notwendig gewesen. Es werde "alles getan, diesen Missstand abzustelle". Der Sprecher sagte, voraussichtlich im Frühjahr 2012 werde die Bundeswehr "einen wesentlich besseren Standard als die USA" haben.

Bundeswehrverband fordert Konsequenzen

Der Bundeswehrverband forderte unterdessen eine Überprüfung der politischen und strategischen Konzepte für den Einsatz am Hindukusch. "Die Taliban legen derzeit ein erschreckendes Tempo bei ihren Anschlägen vor. Es wird Zeit, dass Bundesregierung und Parlament reagieren", erklärte Verbandschef Ulrich Kirsch.

Die Antworten der deutschen Politik auf die Situation in Afghanistan seien nicht ausreichend. Die Soldaten verdienten "mehr als das immergleiche 'Weiter so'", sagte Kirsch. "Wer deutsche Soldaten in den Krieg schickt, schuldet ihnen eine regelmäßige Überprüfung der Grundlagen und Ziele des Einsatzes."

Grünen-Chefin Claudia Roth forderte "eine politische Debatte über die seit Monaten andauernde Offensivstrategie der Isaf in Afghanistan, die bislang auch von der Bundesregierung unterstützt wird". Diese Strategie führe offenkundig nicht zu einer zunehmenden Stabilisierung Afghanistans.

Die Linken drängten erneut darauf, "die Bundeswehr unverzüglich aus Afghanistan abzuziehen". Außenminister Guido Westerwelle warnte hingegen davor, sich wegen der neuen Anschläge von der bisherigen Afghanistan-Strategie abzuwenden.

"Wir müssen weiter alles tun, damit die Afghanen möglichst bald selbst die Verantwortung in ihrem Land übernehmen können", sagte der FDP-Politiker während eines Besuchs in Neuseeland. "Der Weg der inneren Aussöhnung ist äußerst schwierig, aber ohne vernünftige Alternative."

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