Einflussnahme:Bis auf den letzten Euro

Blick ins Plenum des Reichstags in Berlin

Wie schafft man mehr Transparenz im Bundestag? Blick in den Plenarsaal

(Foto: Xander Heinl/Imago)

Union und SPD ringen um strengere Regeln für Bundestagsabgeordnete.

Von Robert Roßmann, Berlin

Eigentlich hätte es schon am Mittwochnachmittag eine Verständigung auf die neuen Regeln für Abgeordnete geben sollen - aber dann haben sich Union und SPD doch wieder verhakt. Die parlamentarischen Geschäftsführer Michael Grosse-Brömer, Patrick Schnieder (CDU) und Stefan Müller (CSU) sowie SPD-Fraktionsvize Dirk Wiese und der SPD-Abgeordnete Matthias Bartke hatten sich zu einer Videokonferenz verabredet. Carsten Schneider, parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Fraktion, war ebenfalls geladen - aber verhindert. Die Runde konnte sich in ein paar Punkten annähern, der Durchbruch allerdings blieb aus. Welche Konsequenzen aus der Masken- und der Aserbaidschan-Affäre gezogen werden, ist deshalb weiterhin unklar. Die Unionsfraktion hat zwar einen ganzen Katalog an möglichen Verschärfungen präsentiert. Doch die SPD hält die Vorschläge nicht für weitreichend genug.

Jetzt sollen sich die Fraktionschefs um einen Kompromiss bemühen

Die Unionsfraktion will Abgeordneten "entgeltliche Tätigkeit als Interessenvertreter für einen Dritten gegenüber der Bundesregierung oder im Bundestag" gesetzlich verbieten. Verstöße sollen mit einem Ordnungsgeld geahndet werden. Außerdem sollen die Abgeordneten verpflichtet werden, Gewinne aus einer derartigen unerlaubten Tätigkeit an den Bundestag abzuführen.

Die Unionsfraktion will zudem Nebeneinkünfte transparenter machen. Ab 100 000 Euro sollen sie künftig "auf Euro und Cent genau angegeben" werden. Spenden an Abgeordnete sollen ganz verboten werden, Spenden an Parteien aber zulässig bleiben. Die Mindeststrafe für Abgeordnetenbestechung und -bestechlichkeit soll auf ein Jahr Haft erhöht werden. Außerdem will die Union, dass Einkünfte aus Unternehmensbeteiligungen mitgeteilt werden müssen, wenn ein Abgeordneter mehr als 25 Prozent an dem Unternehmen hält. Auch Aktienoptionen, die Abgeordnete im Rahmen einer Nebentätigkeit als Gegenleistung erhalten, sollen künftig veröffentlicht werden.

Die Sozialdemokraten wollen, dass Nebeneinkünfte von Abgeordneten bereits ab dem ersten Euro betragsgenau veröffentlicht werden - und nicht erst ab 100 000 Euro. Außerdem verlangt die SPD, dass Beteiligungen an Unternehmen schon ab fünf Prozent der Stimmrechte anzeige- und veröffentlichungspflichtig werden. Die Grenze für die Veröffentlichungspflicht von Parteispenden will die SPD auf 2000 Euro senken - bisher liegt sie bei 10 000 Euro. Außerdem soll eine jährliche Höchstgrenze von 100 000 Euro pro Spender eingeführt werden. Das Sponsoring soll im Parteiengesetz geregelt werden. Und Abgeordnete sollen in Zukunft auch den zeitlichen Umfang ihrer Nebentätigkeiten angeben müssen. Dadurch soll erkennbar werden, ob das Mandat für sie tatsächlich noch im Mittelpunkt ihrer Arbeit steht - wie es das Abgeordnetengesetz verlangt.

Die Angabepflicht zum zeitlichen Umfang der Nebentätigkeiten lehnt die Union bisher ab. Bei der Höhe der Grenze, ab der Spenden veröffentlicht werden müssen, hat sie dagegen bereits Entgegenkommen signalisiert. Jetzt wollen sich die Fraktionsvorsitzenden persönlich um einen Kompromiss kümmern. Vielleicht könnten sie schon an diesem Freitag ein Ergebnis verkünden, hieß es am Donnerstagnachmittag.

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