Touristen:Dem Terror trotzen

Bisher stornieren nur wenige Urlauber ihre Sri-Lanka-Reise, obwohl große Reiseveranstalter einen kostenlosen Abbruch oder Umbuchungen angeboten haben. Der Tourismus zählt zu den wichtigsten Einnahmequellen des Landes.

Von Monika Maier-Albang

Ein Bad in Blüten, Yoga mit Meerblick, Ausflüge zu goldglänzenden Tempeln, Elefanten und Teeplantagen. Das ist Sri Lanka, zumindest war es das in der Wahrnehmung vieler Touristen bis zu diesem blutigen Ostersonntag. Urlauber nehmen gern nur die bunte, überwinterungswarme Fassade der Insel wahr. Das ist auch einfach in den Ayurveda-Resorts und Hotelanlagen, wo man britischen Rasen imitiert und den Gästen zur Entspannung Öl über den Kopf träufelt. Doch das Schöne hat auf dieser jahrzehntelang von einem brutalen Bürgerkrieg zerrissenen Insel immer schon die Gewalt verdeckt.

Trotzdem hat mit einem Anschlag wie diesem in der Tourismusbranche niemand gerechnet. Zehn Jahre lang gab es hier keine großen Terroranschläge. Und dass Urlauber als Ziel gewählt werden, kannte Sri Lanka bis dato überhaupt nicht. Nun aber ist das Trugbild einer heilen Welt, nach der sich die Einheimischen so sehnen wie ihre Gäste, zerbrochen. Das Auswärtige Amt hat bereits am Sonntag seine Reisehinweise für Sri Lanka aktualisiert. Reisende sind aufgefordert, "die Anschlagsorte weiträumig zu meiden" und "engen Kontakt zu Reiseveranstaltern und Fluggesellschaften zu halten". Urlauber können trotz Ausgangssperre zum Flughafen fahren. Allerdings dauert die Abfertigung aufgrund der verstärkten Kontrollen derzeit länger.

Auf der Insel bangen die Menschen nun, ob die Urlauber ausbleiben werden und damit eine der wichtigsten Einnahmequellen des armen Landes wegbricht. Eine mittelfristige Prognose sei schwierig, sagt Edwin Doldi, Sicherheitsexperte beim Münchner Anbieter Studiosus. Ob Kunden stornieren oder Sri Lanka erst gar nicht buchen, hänge von der Entwicklung in den nächsten Wochen ab. Kritisch könne es werden, "wenn es weitere Anschläge oder Ausschreitungen gibt oder die Kunden dem Staat generell nicht trauen". Derzeit reagieren die Urlauber nach Angaben verschiedener Reiseveranstalter besonnen. Fast alle Gäste hielten an ihrer geplanten Reise fest, teilte die Tui mit. Das Unternehmen hätte eine vorzeitige Rückreise kostenfrei organisiert, das Angebot werde aber nicht in Anspruch genommen. DER-Touristik kündigte kostenfreie Stornierungen für Abreisen bis zum 24. April an. Lufthansa erklärte, Kunden könnten Tickets nach Sri Lanka umbuchen. Dies gelte für Tickets, die bis zum 21. April für Flüge bis zum 31. Mai ausgestellt worden seien. Thomas Cook, der mehrere Hundert Reisende auf der Insel hat, kündigte an, man werde "Rückreisewünsche kulant behandeln".

Ohne die Kulanz der Veranstalter sind Stornierungen schwierig. Der Reiserechtler Paul Degott geht zwar davon aus, dass Urlauber, die in den kommenden Wochen Pauschalreisen nach Sri Lanka gebucht haben, kostenfrei absagen können, weil die Situation vor Ort so ungewiss sei. Prinzipiell aber ist eine Stornierung nur möglich, wenn "höhere Gewalt" die Reise erheblich beeinträchtigt. Als höhere Gewalt gelten Naturkatastrophen, politische Unruhen und Krieg. Da der Begriff nicht klar definiert ist, entscheidet im Streitfall ein Gericht. Die Richter beziehen sich meist auf die Reisehinweise des Auswärtigen Amtes, die in drei Kategorien unterteilt sind: Reisehinweise, Sicherheitshinweise und Reisewarnungen. Ausdrückliche Reisewarnungen spricht das Amt nur selten aus. Auf seiner Website sind aktuell Reise- oder Teilreisewarnungen für 25 Länder gelistet, darunter für den Norden der Sinai-Halbinsel, den Osten der Ukraine, Afghanistan oder Jemen. Sri Lanka gehört nicht dazu.

Sri Lankas Tourismusbranche entwickelte sich seit dem Ende des Bürgerkriegs 2009 gut, wozu die deutschen Urlauber beigetragen haben. Die Zahl der Besucher hatte sich zwischen 2009 und 2018 laut der Nachrichtenagentur Reuters auf 2,3 Millionen verfünffacht. 2013 besuchten nach Angaben der Botschaft des Inselstaates etwa 85 000 Deutsche Sri Lanka. 2018 reisten dem Auswärtigen Amt zufolge knapp 157 000 Deutsche nach Sri Lanka. Sie sind damit nach Indern und Briten die wichtigste Gruppe. Die meisten Hotelanlagen liegen nach wie vor in dem von der singhalesischen Mehrheit bewohnten Westen und Süden der Insel. Zwar gibt es auch im Osten schöne Strände. Doch Orte wie Batticaloa oder Trincomalee, in denen überwiegend Tamilen leben, oder auch das muslimisch geprägte Kalmunai, wurden von der Regierung jahrzehntelang vernachlässigt.

Hochsaison ist in Sri Lanka zwischen Januar und April. In diesem Frühjahr stagnierten die Urlauberzahlen erstmals seit Langem. Länder wie Großbritannien und Kanada hatten wegen der Übergriffe von nationalistischen Buddhisten auf Muslime und von Muslimen auf buddhistische Schreine Reisewarnungen ausgesprochen. Sri Lanka wollte gegensteuern und kündigte im März auf der Internationalen Reisemesse in Berlin die Aufhebung der Visumspflicht für EU-Bürger an. Die neue Regelung wurde allerdings bislang nicht umgesetzt.

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