Tötung von Kassels Regierungspräsident:Barley: "Dieser Hass zielt auf die Mitte der Gesellschaft"

Katarina Barley

Gewaltsamer Tod Walter Lübckes: Justizministerin Katarina Barley spricht von einem "unfassfaren Verbrechen".

(Foto: REUTERS)
  • Nachdem sich im Fall des getöteten Kasseler Regierungspräsidenten Lübcke die Hinweise auf einen rechtsextremistischen Hintergrund verdichten, hat der Generalbundesanwalt die Ermittlungen übernommen.
  • Bundesjustizministerin Barley äußert sich in der SZ positiv über diesen Schritt. Es sei eine Lehre aus der NSU-Mordserie, dass derartige Motive "sehr viel früher und intensiver" geprüft würden.
  • Die Fraktionen im Bundestag erwarten zu dem Fall eine Sondersitzung des Innenausschusses.

Von Ronen Steinke, Berlin

Nach der Tötung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke verdichten sich die Hinweise auf eine mögliche politische Motivation für die Tat. Der Verdächtige soll in früheren Jahren Kontakte zur rechtsextremen Szene gehabt haben. Nach bisherigen Erkenntnissen hat er sich in den vergangenen Jahren aber offenbar aus der organisierten Neonazi-Szene zurückgezogen.

Bundesjustizministerin Katarina Barley (SPD) begrüßt, dass der Generalbundesanwalt aufgrund der Hinweise die Ermittlungen übernommen hat. "Es war eine Lehre aus der Mordserie des NSU, dass rechtsextremistische Motive sehr viel früher und intensiver geprüft werden und die Bundesanwaltschaft Ermittlungen auch bei Einzeltaten frühzeitig an sich ziehen kann", sagte Barley der SZ. "Es ist gut, dass dies nun auch im Fall Walter Lübcke erfolgt ist."

Die Mordserie des NSU habe 2011 geendet. "Wenn wir jetzt nach Kassel schauen, erinnern wir uns natürlich an den Mord an Halit Yozgat, das neunte Todesopfer des NSU", sagte die Ministerin mit Blick auf Yozgat, der im Alter von nur 21 Jahren von den Mitgliedern der rechtsextremen Terrorzelle erschossen worden war.

"Der Mord an Walter Lübcke ist ein unfassbares Verbrechen", sagte Barley weiter. Die Hetze und die Drohungen gegen Lübcke machten sie ebenso fassungslos wie "nach seinem Tod - die Verhöhnung von Walter Lübcke". Der getötete Regierungspräsident hatte sich mit seinem öffentlichen Eintreten für Schutzsuchende in rechten Kreisen unbeliebt gemacht. Nach seinem Tod fand sich in den sozialen Netzwerken viel Hetze gegen ihn.

"Dieser Hass zielt auf die Mitte der Gesellschaft", sagte Barley. Die Drohungen sollen alle einschüchtern, die sich für eine friedliche, offene Gesellschaft einsetzen und die sich um Menschen kümmern, die vor Krieg und Terror geflohen sind. Das erlebten auch Journalisten, Bürgermeister, Ehrenamtliche, die sich gegen rechte Gewalt wenden. Der Staat müsse diese Menschen stärker schützen.

Grüne, FDP, Linke und AfD dringen im Bundestag auf eine Sondersitzung des Innenausschusses. Die CDU/CSU zeigte sich dazu bereit. "Der Fall Lübcke ist sehr ernst", sagte der innenpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Mathias Middelberg, der Stuttgarter Zeitung. "Einer Erörterung des Falles im Innenausschuss stehen wir aufgeschlossen gegenüber - auch schon in der kommenden Woche."

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Der Verdacht eines rechtsextremistischen Hintergrunds im Fall Lübcke hat sich erhärtet, der Generalbundesanwalt übernimmt die Ermittlungen. Der 45-jährige Stephan E. soll in den Neunzigern Geflüchtete angegriffen und jüngst im Internet Gewalt angekündigt haben.

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