Natürlich antwortet Klaus Töpfer charmant. Gerade hat Angela Merkel die Laudatio auf den 81-Jährigen gehalten, an diesem Abend erhält er in Bonn den Staatspreis des Landes Nordrhein-Westfalen. "Angela, was meinst du, wie sehr ich damit angebe, dass du meine Nachfolgerin bist", sagt Töpfer. Aber ein bisschen was gibt er ihr dann doch noch mit auf den Weg.
Klaus Töpfer, CDU-Politiker, einstiger Umweltminister, später Chef des Umweltprogramms der Vereinten Nationen, ist so etwas wie das grüne Gewissen der Union. Nie hatte die Partei einen profilierteren Umweltpolitiker, auch seine Nachfolgerin im Umweltministerium reichte da nicht ran. Töpfers Wort hat Gewicht in weiten Teilen der Partei. Und das umso mehr in dieser Woche, in der die Entscheidung über den künftigen Klimaschutz fallen soll.
In seiner Dankesrede macht Töpfer keinen Hehl daraus, dass er da anders heranginge als die Parteispitze. Die hatte am Morgen erst einen Beschluss zum "Klimaeffizienten Deutschland" gefasst. Viele Anreize stehen darin, aber keine gesetzlichen Vorgaben - das so genannte "Ordnungsrecht". Stattdessen soll ein "nationaler Emissionshandel" helfen, die Emissionen zu senken - mit Preisen für den Ausstoß von Treibhausgasen, die am Markt gebildet werden.
Merkel würdigt überraschend das Ordnungsrecht
Davon hält Töpfer aber gar nichts. "Stellen Sie sich mal vor, wir hätten die Partikelemissionen aus dem Diesel durch eine Abgabe auf Partikel zu lösen versucht", sagt Töpfer. "Da hätten wir lange dran gearbeitet." Auch der Drei-Wege-Katalysator und die Rauchgasentschwefelungsanlagen seien nicht durch Abgaben, sondern durch Vorgaben eingeführt worden. "Da haben wir Ordnungsrecht gemacht!", sagt Töpfer. Der Staat müsse deutlich machen, "dass wir die Probleme, die uns die Marktwirtschaft durch den Klimawandel eingetragen hat, nicht mit Marktwirtschaft alleine lösen können". Töpfer wird im einstigen Plenarsaal des Bundestags in Bonn geehrt, schon als Abgeordneter und Minister stand er hier am Pult. Und auch heute spricht er ruhig, freundlich. Jedes Wort ist mit Bedacht gesetzt.
Merkel hatte schon vorher nicht nur Töpfers Wirken gewürdigt, sondern interessanterweise auch das Ordnungsrecht. Schließlich habe Töpfer damit seine größten Erfolge erzielt. Heute werde ja häufig gesagt, Ordnungsrecht dürfe gar nicht angewendet werden, sagt Merkel - am Tag, an dem ihre Partei just darauf verzichtete. "Ich glaube, ohne Ordnungsrecht schaffen wir's nicht."
Innerhalb der Koalition pocht derzeit allein die SPD darauf, auch strikte Vorgaben zu machen, etwa ein langfristiges Verbot von Ölheizungen. Bis Freitag, wenn das Klimakabinett abschließend tagen soll, bleiben allerdings noch ein paar Tage Zeit. Von Töpfer, sagt Merkel, könne man auch lernen, heute das Morgen mitzudenken. "Man muss ja bekümmert sagen, dass die Jugend uns jetzt erst mal wieder ein bisschen auf Trab gebracht hat." Das sei gut, sagt Merkel. "Das tut uns allen gut." Als würde sie darauf hoffen, fügt sie an: "Und wir werden ja am Freitag wieder sehr machtvolle Demonstrationen sehen."
Klaus Töpfer hat zu dem Thema einen Satz des Soziologen Wolf Lepenies mitgebracht, ebenfalls ein Träger des Staatspreises. Er zitiert ihn so: "Die Demokratie als Staats- und Lebensform steht vor ihrer größten Bewährungsprobe. Es fehlt uns heute der politische Langmut, Prozesse wirksam in Gang zu setzen, die nur Opfer abverlangen und von denen erst unsere Kinder und Kindeskinder Nutzen haben werden." Dann sagt Töpfer: "Ich finde, den Satz kann man sich auch fast meißeln."