Todesstrafe:In Trumps Logik

Die Rückkehr zum Rachegedanken kostet die USA ihr höchstes Gut: ihre moralische Vorbildkraft.

Von Stefan Kornelius

In den USA ist die Todesstrafe - so zynisch das klingen mag - Teil des politischen Arsenals, mit dem die Glaubenskriege ausgetragen werden: Abtreibung, gleichgeschlechtliche Ehe, starker beziehungsweise schwacher Staat oder eben das Recht der Justiz, ein Kapitalverbrechen mit einem Leben zu sühnen - hier scheidet sich das liberale vom aufklärungsfeindlichen Amerika. Ein Attribut des Konservativismus ist die Todesstrafe nicht, sie ist eher Ausweis einer atavistischen Gesinnung, einer simplen Gut-Böse-Ideologie.

Dass die Todesstrafe nun auch auf Bundesebene wieder vollzogen werden soll, steht in der Denklogik der Trump-Präsidentschaft, wenn man denn Denken und Logik in einen Zusammenhang mit Trump bringen mag. Dies ist kein billiger Seitenhieb, sondern ein ernstes Thema: Was für einen Gewinn verspricht sich die Regierung von dieser Entscheidung? Die Zahl der Hinrichtungen ist rückläufig, viele Bundesstaaten haben sie inzwischen ausgesetzt. Die Wiederaufnahme der Tötungen auch für Verurteilte in Bundesgefängnissen stellt die USA auf eine Ebene mit China, Iran und Regimen ähnlicher Qualität - und führt sie aus dem Kreis jener Staaten, die ihre Rechtsstaatlichkeit vom Rachegedanken getrennt halten.

Dies ist der Preis, den die USA für die Entscheidung ihres Justizministers zahlen werden: Ihre Glaubwürdigkeit und ihre Vorbildkraft als moralische und benevolente Nation schmelzen dahin. Dabei waren sie das höchste Gut des Landes.

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