Todesstrafe:Dienstbeginn für die Henker

Todesstrafe: Die Regierung in Colombo will Härte zeigen, nun auch durch Todesstrafe.

Die Regierung in Colombo will Härte zeigen, nun auch durch Todesstrafe.

(Foto: Jewel Samad/AFP)

Sri Lanka lässt nach 43 Jahren wieder hinrichten.

Von Arne Perras, Singapur

"Mentale Stärke" und "starke Moral" verlangte Sri Lanka von den Bewerbern. Im Februar hatte der Staat den Posten des Henkers ausgeschrieben und nun ist er fündig geworden. Zwei Bewerber wurden eingestellt in der Hoffnung, dass sie nicht davonlaufen werden wie ihre beiden Vorgänger. Einer hatte schon den erstmaligen Anblick des Galgens nicht ausgehalten, obgleich er niemals jemanden in seinem Leben hinrichten musste.

Das soll sich jetzt ändern, die neuen Hinrichtungsbeamten werden nach dem Willen des Präsidenten in Colombo, Maithripala Sirisena, schon sehr bald tätig werden. Zwei Wochen Training müssten sie noch absolvieren, bevor sie einsatzbereit seien, erklärte ein Sprecher der Gefängnisverwaltung in der Hauptstadt Colombo. Sirisena hat die Vollstreckung der Todesstrafe an vier Verurteilten angeordnet, die wegen Drogenschmuggels im Gefängnis sitzen.

Das Vorhaben löst internationale Proteste aus, weil Sri Lanka nach 43 Jahren Pause wieder Menschen aufhängen lassen will. Für Menschenrechtler ist das ein schwerer Rückschritt, doch das scheint den Präsidenten nicht aufzuhalten. Manche mögen glauben, er tue das Falsche, sagte er, "aber ich tue es mit reinem Gewissen."

Nun glauben manche allerdings, dass dieser Schritt weniger mit dem Gewissen des Präsidenten als mit seinem politischen Kalkül zusammenhängt. Er ist ein Mann, der seine Wiederwahl Ende des Jahres sichern will. Und Härte ist populär, ganz besonders in diesen Wochen, da sich das Land noch immer nicht von den verheerenden Selbstmordattentaten auf Kirchen und Hotels im Frühjahr erholt hat.

Dass die Selbstmordattentäter trotz voriger Warnungen durch Geheimdienste ohne jede Gegenwehr des Staates zuschlagen und mehr als 200 Menschen töten konnten, hat die Bevölkerung extrem verunsichert und Unruhe zwischen den Ethnien geschürt. Der Präsident musste seit den Terroranschlägen viel Kritik einstecken, nun versucht er, verlorenen Boden wieder gut zu machen. Und Beobachter glauben, dass ihm das Image vom entschlossenen Vollstrecker dabei durchaus helfen könnte.

Sirisenas Plan, Drogenhändler stärker zu bestrafen, zeichnete sich allerdings schon vor den Terrorattacken ab. Es scheint, als habe er sich diese Strategie bei einem Kollegen in Südostasien abgeschaut. Als Sirisena Anfang des Jahres die Philippinen besuchte, zeigte er sich bereits begeistert davon, wie der starke Mann in Manila, Rodrigo Duterte, das Dogenproblem in seinem Land anpackt. Die Menschenjagden, die dort Tausende Süchtige und Kleindealer das Leben kosteten, schockieren Menschenrechtler in aller Welt. Doch sie beeindrucken manche Staatsmänner im südlichen Asien, Sirisena lobte Duterte sogar als "Vorbild für die Welt," gerade so, als könnten drakonische Strafen das Suchtproblem lösen.

Die Europäische Union kritisierte die geplante Rückkehr zur Todesstrafe in Sri Lanka heftig. "Studien zeigen, dass die Todesstrafe als Abschreckung gegen Verbrechen nicht wirkt", heißt es in der Erklärung aus Brüssel. Sirisena aber zeigte sich unbeeindruckt, er verteidigte seinen Entschluss mit dem Argument, dass er die Jugend des Landes retten wolle. "Schon der Gedanke an Hinrichtungen sollte Angst einflößen und dem grassierenden Drogenhandel ein Ende setzen", sagte der Präsident.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International nannte Sirisenas Vorhaben "unfassbar" und warnte, dass er damit den internationalen Ruf des Landes zerstören werde. "Hinrichtungen werden Sri Lanka nicht von den Drogen befreien", warnte der AI-Vertreter für Südasien, Biraj Patnaik. "Hinrichtungen zeugen vom Versagen eines Staates, eine humane Gesellschaft aufzubauen." Das letzte, was ein Land wie Sri Lanka jetzt brauche, sei noch "mehr Tod im Namen der Vergeltung". Jahrzehntelang war der Inselstaat an der Südspitze Indiens in einem Bürgerkrieg gefangen, der erst 2009 zu Ende ging. Die Wunden sind noch immer nicht verheilt.

In den Gefängnissen Sri Lankas landen vor allem Straftäter, die sich für Drogendelikte verantworten müssen, sie machen zwei Drittel aller Insassen aus. Der Sunday Observer in Colombo unterstützte den Präsidenten und seine Politik der Todesstrafe mit dem Hinweis, dass die vier Drogenbosse keine Reue zeigten und sich einer Rehabilitierung verweigerten, was schon daran zu sehen sei, dass sie noch aus dem Gefängnis heraus den Drogenhandel auf Sri Lanka steuern würden.

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