Tod von drei Terroristen durch US-Drohne:Peinliche Fragen

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Am 4. Oktober wurden im Nordwesten Pakistans drei mutmaßliche Terroristen bei einem Angriff durch eine amerikanische Drohne getötet. Einer von ihnen soll Deutscher sein. Bislang aber traut sich kein deutscher Staatsanwalt an den Fall heran.

Peter Blechschmidt

Am 4. Oktober starben nahe der Stadt Mir Ali im Nordwesten Pakistans drei Männer bei einem Angriff durch eine amerikanische Drohne. Sie galten als Terroristen. Ihre Identität wurde bis heute offiziell von niemandem bestätigt. Nach übereinstimmenden und nicht dementierten Presseberichten hatten zwei der Männer zuvor in Hamburg gelebt. Einer war Iraner, der andere hatte einen französischen und einen algerischen Pass. Der dritte Mann, Bünyamin E., stammte aus der Türkei, war in Wuppertal aufgewachsen und zur Schule gegangen - und war deutscher Staatsbürger.

Ein undatiertes Handout der US Air Force zeigt eine Drohne vom Typ MQ-1 Predator. Bei einem amerikanischen Drohnenangriff in Pakistan im Oktober kamen drei mutmaßliche Terroristen ums Leben. Einer von ihnen war offenbar Deutscher. (Foto: dpa)

Wenn ein Deutscher im Ausland Opfer einer Gewalttat wird, so ist dies normalerweise auch eine Sache für die Justiz in seinem Heimatland. Bislang aber hat sich kein deutscher Staatsanwalt an diesen Fall herangetraut. Zu heikel ist die Angelegenheit. Sie berührt die Bekämpfung des internationalen Terrorismus. Sie betrifft den mächtigsten Verbündeten Deutschlands, denn unternommen haben den Drohnenangriff die USA in ihrem Kampf gegen Taliban und al-Qaida. Und es geht um die Frage, ob Deutschland mit seiner Unterstützung für die Amerikaner Recht und Gesetz verletzt.

Die einfachste Lösung für eine unangenehme Situation ist es, sich für unzuständig zu erklären. Auf diese Position könnten sich Bundesregierung und Justiz zurückziehen, wenn unter den Opfern des Drohnenangriffs von Mir Ali gar kein Deutscher gewesen wäre. Diesen Ausweg will der Bundestagsabgeordnete Wolfgang Neskovic von der Linkspartei der Regierung verstellen. Neskovic ist Bundesrichter a.D. und hat schon im BND-Untersuchungsausschuss der jüngsten Legislaturperiode gezeigt, dass er auch für Terrorverdächtige kompromisslose Rechtsstaatlichkeit einfordert.

Auf seine wiederholte Anfrage an die Bundesregierung, ob Bünyamin E. Deutscher sei, erhielt Neskovic jetzt vom Parlamentarischen Staatssekretär im Bundesinnenministerium, Ole Schröder, die Antwort: "Soweit in den Presseberichten eine Person gemeint sein sollte, die (auch) die deutsche Staatsangehörigkeit besitzt, wäre sie Deutscher im Sinne des Artikels 116 Absatz 1 Grundgesetz."

Ob aber Bünyamin E. tatsächlich einer der Toten von Mir Ali ist, sagt Schröder nicht. Er verweist lediglich auf "die Erörterung im Parlamentarischen Kontrollgremium", jenem streng geheim tagenden Bundestagsausschuss, der die Nachrichtendienste überwacht. Erfahrene Zwischen-den-Zeilen-Leser deuten diese Formulierung allerdings als Bestätigung, dass die Presseberichte zutreffen. Und damit wäre Bünyamin E. ein Fall für die deutsche Justiz.

Immerhin hat die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe schon nach den ersten Berichten über den Drohnenangriff von Mir Ali einen "Beobachtungsvorgang" angelegt, wie ein Sprecher am Mittwoch bestätigte. Das zeige, dass sich die Justiz keineswegs wegducken wolle. Bislang fehle es aber an "gesichertem Wissen", das eine rechtliche Beurteilung des Falles ermögliche. Allerdings gebe es "eine gewisse Vermutung", dass Bünyamin E. tatsächlich zu den Opfern gehöre.

Für Neskovic geht es nicht allein um Bünyamin E. In seinen Augen kommen die gezielten Tötungen durch die Drohnenangriffe der Amerikaner einem unzulässigen "Todesurteil ohne Gerichtsverfahren" gleich. Und wenn Deutschland den Amerikanern Informationen über mögliche Zielpersonen liefere, mache es sich zum Mittäter. "Kein Geheimdienst hat die Lizenz zum Töten", sagt Neskovic.

© SZ vom 25.11.2010 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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