Tod durch Drohnen:Verräterische Signale

Lesezeit: 3 min

US-Drohne MQ-1 Predator

Die Drohne MQ-1 Predator gehört zur Flotte der US Air Force.

(Foto: dpa)

Mehr als 3000 Menschen sollen im vergangenen Jahrzehnt durch den Beschuss von Drohnen gestorben sein - es traf Terrorverdächtige und gänzlich Unbeteiligte. Und immer spielten dabei Telefondaten eine Rolle. Auch deutsche Behörden waren und sind am Austausch beteiligt.

Von Hans Leyendecker

Kurz bevor der Tod vom Himmel fiel, hatte Bilal Berjawi noch mit seiner Frau telefoniert, die in London lebt. Sie hatte eine gute Nachricht für den 27-jährigen Libanesen. Er sei Vater geworden, ein Junge. Dann fuhr er mit Freunden in einem Auto durch einen Vorort der somalischen Hauptstadt Mogadischu. Ob die Männer noch die Drohne gesehen oder ihr Summen gehört haben, ist nicht mehr zu klären. Berjawi und seine Begleiter starben am frühen Nachmittag des 21. Januar 2011 durch drei abgefeuerte Raketen.

Vom Anruf bis zum Drohnenangriff hatte es nur ein paar Stunden gedauert. Für die US-Regierung war Berjawi, der ohne Anklage und ohne Prozess hingerichtet wurde, einer von al-Qaida, der somalische Terroristen unterstützte. Wie sie auf seine Spur gekommen waren, ist nicht bekannt. Der Ablauf deutet darauf hin, dass ihn das Funksignal seines Handys verraten hatte.

Mehr als 3000 Menschen sollen im vergangenen Jahrzehnt im Drohnenfeuer gestorben sein, unter ihnen auch viele Zivilisten wie Kinder. Immer wieder spielten - auf unterschiedliche Weise - bei der Vorbereitung der Angriffe durch das US-Militär oder US-Geheimdienste Telefondaten eine Rolle.

Einer der ersten Fälle war das Ende des mutmaßlichen Terroristen Quaed Salim Sinan al-Harethi vor mehr als einem Jahrzehnt. Die NSA scannte damals den Telefonverkehr aus Jemen und Umgebung ab - immer auf der Suche nach der Stimme, die mit den Aufnahmen von Harethi übereinstimmte, die der Geheimdienst hatte.

Der Krieg mit Drohnen ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit

Als Harethi am 3. November 2002 aus der Provinz Marib in Jemen mit seinem Satellitentelefon einen Bekannten anrief, war ziemlich klar, wo er sich aufhielt. Er fuhr mit einem Wagen durch die Wüste. Vierzig Minuten später traf eine Hellfire-Rakete Harethi und tötete ihn.

Die Debatte, welche Informationen deutsche Sicherheitsbehörden an ihre amerikanischen Partner weiterleiten dürfen und ob diese Informationen möglicherweise zum Tod von Menschen führen, erscheint angesichts der Realität etwas lebensfremd. GSM-Mobilfunkdaten, hatte am Freitag der Bundesnachrichtendienst (BND) erläutert, seien "für eine konkrete Zielerfassung zu ungenau". Sie würden, wie früher schon, an die ausländischen Dienste weitergereicht.

Im Dienst hatte es wegen dieser Handreichungen Unmut gegeben, und BND-Präsident Gerhard Schindler soll dann die "diesbezüglichen Unklarheiten ausgeräumt" haben, wie der BND sagt. Klar ist: Die Daten werden weiter geliefert. Der Krieg mit Drohnen ist eine ziemlich komplizierte Angelegenheit. Analysten legen zunächst eine "Ziel"-Liste an. Sie wählen Personen und Gebäude aus, die möglicherweise angegriffen werden sollen, und ordnen die Ziele nach Wichtigkeit. Auswerter schauen sich Satellitenfotos an; Telefonnummern werden routinemäßig angefordert. Besonders seit den Anschlägen vom 11. September 2001, die von den Todespiloten aus Hamburg geflogen worden waren, bemühen sich deutsche Behörden, alles zu tun, um den Amerikanern im Kampf gegen den Terror zu helfen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema