Tierwelt:Insel-Originale

Kegelrobbe Halichoerus grypus im Wasser hinten Leuchtturm Nordsee Insel Düne Helgoland Deutsc

Kegelrobbe vor Helgoland: Die Zahl der Geburten steigt.

(Foto: Christoph Ruisz/imago/imagebroker)

Die Kegelrobbe, einst fast ausgestorben, vermehrt sich wieder prächtig.

Von Peter Burghardt, Hamburg

Sicher würde sich auch James Krüss über diesen Zuwachs freuen, er war ja selbst ein echter Helgoländer. "Irgendwo ins grüne Meer", dichtete der Meister, "hat ein Gott mit leichtem Pinsel, lächelnd, wie von ungefähr, einen Fleck getupft: die Insel." Krüss kam einst auf Deutschlands Vorposten in der Nordsee zur Welt, damals ging das noch. Längst müssen schwangere Frauen zur Niederkunft aufs Festland, denn es gibt da draußen keine Geburtsstation mehr. Aber es gibt noch die Robben, und die vermehren sich dort prächtig.

Grundsätzlich besteht die Insel, die kurioserweise zum Kreis Pinneberg gehört, aus zwei Inseln, sie brach vor langer Zeit auseinander. Die Menschen und auch zahlreiche Vögel leben auf dem Helgoländer Sockel, dem mit dem rostroten Postkartenfelsen, der Langen Anna. Die Einheimischen werden dabei tendenziell weniger, die Zuwanderer wegen Tourismus, Offshore-Windparks und Forschungsstätten mehr, insgesamt sind es um die 1500 Bewohner. Die Robben dagegen lassen sich auf der Düne nebenan nicht nur nieder, sie kriegen dort gerne Nachwuchs, Helgoländer Kegelrobben.

Gerade macht wieder eine Meldung Hoffnung im pessimistischen Herbst: Diese Tiere, die schon aus den deutschen Meeren zu verschwinden schienen, breiten sich fröhlich aus. Vor ein paar Tagen begann die Wurfsaison, ein Höhepunkt im Helgoländer Kalender. Die Zahl der Kegelrobbengeburten sei seit dem Winter 1996/97 bis zum Winter 2020/21 (also dem ersten Corona-Winter) auf 653 Geburten gestiegen, informiert die Gemeinde. Bis zum 11. November wurden vier neue Jungtiere gezählt, Hunderte weiterer werden erwartet.

Wer im vergangenen Januar mit dem Seehundjäger Michael Janßen über die Düne spazieren durfte, der konnte damals schon einige Exemplare bewundern. Es handelt sich bei der Kegelrobbe um das größte Raubtier des mit großen Raubtieren nicht arg reich bestückten Deutschland, sie werden bis zu 300 Kilo schwer. Menschliche Beobachter hatten die Kegelrobben und Seehunde in jenen Wochen nur wenige, was außer an der Kälte vor allem an der Pandemie lag.

Das tat ihnen gut, zu viel Nähe ist schlecht. Jahrzehntelang wurden die Kegelrobben gejagt und fast ausgerottet, dabei jagen sie gerne selbst. Die Seehundjäger sind heutzutage dazu da, zu schützen. Sie kümmern sich um kranke Tiere, beseitigen Kadaver und achten darauf, dass das Raubtier Mensch auf Distanz bleibt. Seit Jagdverbot und Schutzmaßnahmen erholt sich der Bestand wunderbar, in der Ostsee, im Wattenmeer oder eben auf Helgolands Düne, von wo aus sich manche Kegelrobben und Seehunde Ausflüge auf die Hauptinsel erlauben.

Ihre geballte Präsenz stört im Sommer den einen oder anderen Badegast am Dünenstrand, aber vor allem sind die Kegelrobben natürlich eine Helgoländer Attraktion. Besonders die süßen Kleinen mit den Knopfaugen, die erst nach vier Wochen ins Wasser gehen, wenn sie die Haare gewechselt haben. Nach einer Tragzeit von elf Monaten bringen die Muttertiere ihre Jungen zur Welt, auf dem Fleck im grünen Meer als gebürtige Helgoländer, ein schöner Titel.

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