Süddeutsche Zeitung

Thüringer Landtag:Björn Höcke fordert Bodo Ramelow

Die Fraktion der AfD versucht, den Ministerpräsidenten von der Linkspartei und dessen rot-rot-grüne Minderheitsregierung mit Hilfe eines Misstrauensvotums zu stürzen.

In Thüringen will die AfD Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) und dessen rot-rot-grüne Minderheitsregierung über ein Misstrauensvotum stürzen. Als Reaktion auf die geplatzte Neuwahl des Landtags reichte die AfD-Fraktion nach eigenen Angaben am Montag den Antrag auf ein konstruktives Misstrauensvotum ein. Gegen Ramelow (65) will Fraktionschef Björn Höcke für das Amt des Ministerpräsidenten antreten. Der 49-Jährige wurde vom Verfassungsschutz als Vertreter des aufgelösten rechtsextremen Flügels der AfD eingestuft.

Der thüringischen Verfassung zufolge kann der Landtag dem Ministerpräsidenten "das Misstrauen nur dadurch aussprechen, dass er mit der Mehrheit seiner Mitglieder einen Nachfolger wählt". Den Antrag könne ein Fünftel der Abgeordneten oder eine Fraktion einbringen, heißt es in Paragraf 73. Zwischen Antrag und Wahl müssen mindestens drei und dürfen höchstens zehn Tage liegen. Die Abstimmung ist geheim. Offen ist, ob es bereits in der Landtagssitzung diese Woche dazu kommt.

Ramelow ist bundesweit der einzige Ministerpräsident, der der Linken angehört. Erstmals gewählt wurde er 2014. Derzeit führt er eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung, der vier Stimmen im Landtag für eine eigene Mehrheit fehlen. Sie war bisher auf Stimmen der CDU-Fraktion angewiesen. Der so genannte Stabilitätspakt zwischen Rot-Rot-Grün und der CDU soll mit der parlamentarischen Sommerpause auslaufen. Eine gemeinsam mit SPD und CDU beantragte Landtagsauflösung hatten Linke und Grüne am Freitag aber wieder abgesagt. Die von der Verfassung vorgeschriebene Zweidrittelmehrheit jenseits von AfD-Stimmen war unsicher. Nach dem Debakel bei der Wahl von Kurzzeit-Ministerpräsident Thomas Kemmerich (FDP) im vergangenen Jahr dürfte nicht riskiert werden, dass AfD-Stimmen den Ausschlag auch bei einer vorgezogenen Neuwahl des Parlaments geben könnten. Damit platzte auch die Landtagswahl, die mit der Bundestagswahl am 26. September geplant war.

Höcke war gegen Ramelow bereits bei der Ministerpräsidentenwahl im März 2020 angetreten, hatte aber im dritten Wahlgang zurückgezogen. Die Fraktionsvorsitzende der Grünen, Astrid Rothe-Beinlich, twitterte: "Faschist #Höcke im Größenwahn. Jetzt will er #MP werden. Da gibt es nur eins: Sag Nein." Sie nannte den AfD-Antrag eine Provokation.

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.5356974
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ vom 20.07.2021 / dpa
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.