Landtagswahl:Das sind die Spitzenkandidaten in Thüringen

Ramelow hat sich in fünf Jahren zum Landesvater gemausert, Mohring arbeitet sich verzweifelt an ihm ab - und dann ist da noch Höcke. Ein Überblick.

Von Dominik Fürst

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Bodo Ramelow, Ministerpräsident, Die Linke

Bodo Ramelow Thüringer Ministerpräsident und Ralf Hauboldt Bürgermeister Sömmerda zur Eröffnung

Quelle: imago images / VIADATA

Bodo Ramelow hat Aufsehen erregt mit seiner Wahl 2014: der erste Ministerpräsident der Linkspartei in Deutschland - kann das gut gehen? Joachim Gauck, zu jener Zeit Bundespräsident, fühlte sich unwohl und fragte: "Ist die Partei, die da den Ministerpräsidenten stellen wird, tatsächlich schon so weit weg von den Vorstellungen, die die SED einst hatte bei der Unterdrückung der Menschen hier, dass wir ihr voll vertrauen können?"

Fünf Jahre später ist Ramelow, 63, der beliebteste Politiker Thüringens, gilt beinah als überparteilich und hat gute Chancen, aus der Landtagswahl am Sonntag als Sieger hervorzugehen. Die Linke jedenfalls führt die jüngsten Umfragen knapp vor der CDU an. Ramelows einziges Problem: Seine bisherigen Koalitionspartner SPD und Grüne schwächeln, weshalb es für eine Neuauflage des rot-rot-grünen Bündnisses wohl nicht reichen wird. Ramelow, der 1990 als Gewerkschafter aus dem Westen nach Thüringen kam, wird sich nach neuen Partnern umschauen müssen. Joachim Gauck jedenfalls hat sein Urteil revidiert - und der CDU in Thüringen zu einem Bündnis mit der Linken geraten.

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Mike Mohring, CDU

Mike Mohring

Quelle: dpa

Mike Mohring, 47, hat sich im Wahlkampf an Landesvater Ramelow abgearbeitet und wird am Ende wohl doch nicht profitieren. Es könnte die erste Landtagswahl in Thüringen seit 1990 werden, aus der die CDU nicht als stärkste Kraft hervorgeht. Als Ministerpräsident Ramelow eines ihrer TV-Duelle absagte, warf der CDU-Kandidat ihm vor, die Auseinandersetzung in der Mitte zu scheuen: "Er kneift", sagte Mohring.

Der gebürtige Thüringer hat sich bereits in der Wendezeit engagiert und sich mit 21 für die CDU als politische Heimat entschieden. Es folgte eine steile Karriere: 1999 wurde er Abgeordneter, 2008 Fraktionschef im Landtag, die Spitzenkandidatur ist der vorläufige Höhepunkt. Im Januar 2019 machte Mohring seine Krebserkrankung in einem Facebook-Video öffentlich und erhielt viel Sympathie und Anteilnahme. Heute gilt er als geheilt.

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Björn Höcke, AfD

Sondersitzung des Thüringer Landtags

Quelle: dpa

Björn Höcke, 47, ist der Rechtsaußen in einer rechten Partei. Er ist der Anführer des völkisch-nationalen "Flügels" in der AfD, zu dem Verfassungsschutz-Chef Thomas Haldenwang vor wenigen Tagen feststellte, dass er "immer extremistischer" werde. Im September urteilte das Verwaltungsgericht Meiningen, dass man Höcke einen Faschisten nennen darf, und bezog sich in seiner Begründung neben vielen anderen Zitaten auf den Höcke-Satz vom "bevorstehenden Volkstod durch den Bevölkerungsaustausch".

In Thüringen will die AfD 30 Jahre danach "die Wende vollenden" und empört damit DDR-Bürgerrechtler, die der Partei vorwerfen, die friedliche Revolution zu missbrauchen. Auch der Subtext ist eindeutig: In der heutigen Bundesrepublik herrschten Zustände wie in der DDR. Höcke, ein gebürtiger Westfale, hat Erfolg mit seiner Methode: In Umfragen ist die AfD drittstärkste Kraft und darf mit einem Wahlergebnis von mehr als 20 Prozent rechnen.

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Wolfgang Tiefensee, SPD

SPD Thüringen zur Vorstellung Konzept für ein ´Zukunftsgeld"

Quelle: dpa

Wolfgang Tiefensee, 64, hat die wohl ereignisreichste politische Vita unter den thüringischen Spitzenkandidaten vorzuweisen. Er war Oberbürgermeister von Leipzig von 1998 bis 2005, Verkehrsminister im ersten Kabinett Merkel von 2005 bis 2009 und ist nun seit fünf Jahren Wirtschaftsminister der rot-rot-grünen Thüringer Koalition.

Tiefensee ist hinter Ministerpräsident Ramelow sogar der zweitbeliebteste Politiker im Land. Allein, es hilft ihm nicht: Der Abwärtstrend der SPD zeigt sich im Osten noch gnadenloser als im Rest Deutschlands. Die Sozialdemokraten werden den Umfragen zufolge bei der Wahl am Sonntag erstmals unter die Zehn-Prozent-Marke fallen. Die Linke hat die SPD dort längst als Volkspartei abgelöst. Da hilft es Tiefensee auch nicht, auf seine Erfolge zu verweisen, wie im Interview mit der Südthüringer Zeitung: "Wir verfügen über viel Geld, sodass auch Linke-geführte Ministerien es ausgeben können."

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Anja Siegesmund und Dirk Adams, Die Grünen

Start der Sanierungsarbeiten beim Altlastenprojekt Rositz

Quelle: dpa

Die Grünen treten mit einem Spitzenduo an, wobei Umweltministerin Anja Siegesmund, 42, als der prominentere Teil gelten darf. Sie steht auf Platz eins der Landesliste und hat die Partei auch im TV-Duell mit Kandidaten der drei anderen kleinen Parteien vertreten. Siegesmund gehört dem pragmatischen Flügel der Grünen an, fünf Jahre lang hat sie als Referentin für die jetzige Fraktionsvorsitzende im Bundestag, Katrin Göring-Eckardt, gearbeitet.

Weil in Thüringen 40 000 Hektar Wald von Dürre und Borkenkäfern bedroht sind, war das wichtigste Wahlkampfthema passenderweise ein grünes. Siegesmund stellte einen Zehn-Punkte-Plan zur Rettung der Bäume vor. Ob es der Partei hilft, wird der Sonntag zeigen: Umfragen sehen die Grünen bei ungefähr sieben Prozent. Es wäre der beste Wert für die Partei bislang in Thüringen.

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Thomas Kemmerich, FDP

Landesparteitag der FDP Thüringen

Quelle: dpa

Thomas Kemmerich, 54, dürfte vermutlich nicht langweilig sein: Er ist Mitglied des Stadtrats in Erfurt und Mitglied des Bundestags in Berlin. Und jetzt will er auch noch die FDP nach fünf Jahren Abwesenheit wieder in den Thüringer Landtag zurückführen, Kemmerich ist ihr Spitzenkandidat. Je nach Umfrage liegt die FDP bei vier oder fünf Prozent. "Hört nicht drauf. 5000 Stimmen können den Unterschied machen", sagt Kemmerich dazu.

Wenn das Comeback gelingt, könnte die Partei zum Zünglein an der Waage bei Koalitionsverhandlungen werden. Nur mit AfD und Linken will der FDP-Politiker nicht über eine mögliche Regierunsbildung reden.

© SZ.de/dayk
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