Thüringen:Macher statt Mahner

Bodo Ramelow hat mit seinem Corona-Alleingang den Koalitionsfrieden in Erfurt gestört - mal wieder. Ein Missverständnis? Kaum. Der Ministerpäsident weiß: Bei den bald anstehenden Landtagswahlen sind Bedenkenträger eher weniger gefragt.

Von Ulrike Nimz

Förmlich zusehen konnte man, wie Bodo Ramelow die Krawatte eng wurde, als er am Montagabend in der ARD Stellung bezog zu seinen Coronalockerungsideen. Thüringens Ministerpräsident fühlte sich missverstanden und machte dies unmissverständlich klar: Ramelow polterte, sodass sein Auftritt allein wegen des Aerosolausstoßes kaum vereinbar war mit der vorherigen Rolle des Mahners. Man müsse endlich "aus dem Krisenmodus in den Regelmodus übergehen".

Gleiches gilt für den linken Ministerpräsidenten, der durch seinen Alleingang den fragilen Koalitionsfrieden in Thüringen strapaziert hat - mal wieder. Sei es das von Joachim Gauck angebahnte Abendessen mit dem damaligen CDU-Chef Mike Mohring nach der Landtagswahl oder seine ohne Not öffentlich gemachte Stimme für einen Landtagsvize der AfD. Ramelow lässt sich gern von Überzeugungen leiten, von Selbstüberzeugung vor allem.

Nur ein Missverständnis? Wohl kaum. In Thüringen soll in elf Monaten gewählt werden; der Gegner heißt AfD. Landeschef Björn Höcke hat Ramelow unlängst einen "Ministerpräsidenten der Angst" genannt. So krude und durchsichtig das ist: Ramelow führt ein polarisiertes Land, das nicht nur vom Krisen- in den Regelmodus finden muss, sondern auch in den Wahlkampfmodus. Und da gilt: Macher sind gefragter als Mahner.

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