Thüringen:CDU plant zunächst keine Neuwahlen in Thüringen

  • Thomas Kemmerich kündigt an, den Landtag in Erfurt auflösen und zurücktreten zu wollen.
  • Teile der Thüringer CDU haben die Auflösung abgelehnt.
  • FDP-Chef Lindner begrüßt die Rücktrittsankündigung und will selbst auf einer Sondersitzung des Parteivorstands am Freitag die Vertrauensfrage stellen.
  • CDU-Landeschef Mohring ist gegen Neuwahlen.
  • Kemmerich war völlig überraschend am Mittwoch zum Ministerpräsidenten gewählt worden - unter anderem mit den Stimmen der AfD. Dafür gab es parteiübergreifend scharfe Kritik.

Verfolgen Sie die aktuellen Entwicklungen im Liveblog:

Xaver Bitz
Xaver Bitz

Ende des Liveblogs


Damit endet unsere Liveberichterstattung nach einem weiteren turbulenten Tag in Thüringen. Natürlich versorgen wir Sie, liebe Leser, weiterhin mit allen Entwicklungen, Einordnungen und Kommentaren. Morgen wird der FDP-Vorstand über die Zukunft von Christian Lindner entscheiden. Eine Zusammenfassung des heutigen Tages und einen Ausblick auf das, was auf Thüringen zukommt, geben Detlef Esslinger und Cerstin Gammelin:
Max Muth
Max Muth

CDU plant zunächst keine Neuwahlen in Thüringen


Die Thüringer CDU will zunächst innerhalb der parlamentarischen Möglichkeiten nach Wegen aus der Krise in dem Bundesland suchen. Wenn das nicht möglich sei, seien Neuwahlen unausweichlich, sagte CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in der Nacht zum Freitag nach stundenlangen Beratungen in Erfurt. Ziel sei, stabile Verhältnisse für Thüringen zu gestalten.

Das bedeutet, dass Kramp-Karrenbauer der Thüringer CDU von Landesparteichef Mike Mohring zunächst die Möglichkeit einräumt, ohne Neuwahl und damit ohne die dabei erwarteten Verluste das Ergebnis der Ministerpräsidentenwahl zu korrigieren.

Kramp-Karrenbauer sagte: "Es gibt jetzt Initiativen, die auch darauf abzielen, dass innerhalb des jetzt bestehenden Parlamentes klare Verhältnisse geschaffen werden können. Die CDU wird diese Initiativen nicht blockieren, sofern sie ihre Grundlagen, ihre Rahmenbedingungen, ihre Prinzipien entsprechend beibehalten kann." Und sie fügte hinzu: "Und wir sind uns jetzt auch einig gewesen, dass wenn diese Initiativen jetzt scheitern, dass dann daraus unausweichlich Neuwahlen in Thüringen folgen werden."

Die Landtagsfraktion der CDU tagt derweil weiter, ohne die CDU-Chefin.



Max Muth
Max Muth

Bild-Bericht: Thüringer CDU-Chef Mike Mohring vor dem Aus


Das Krisentreffen der Thüringer CDU-Fraktion mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer dauert weiter an. Das ursprünglich für 20.30 Uhr angesetzte Statement ist nach ARD-Informationen weiter geplant. Nach Informationen der Bild-Zeitung soll der Thüringer CDU Chef Mike Mohring kurz vor der Ablösung stehen. Unter Berufung auf Teilnehmer schreibt die Zeitung, dass auch die CDU-Chefin in der bereits über fünf Stunden dauernden Sitzung massiv kritisiert worden sein soll.
Max Muth
Max Muth

Kretschmer fordert Thüringer CDU zu Verständigung mit der Linkspartei auf


Sachsens Ministerpräsident Michael Kretschmer hat die CDU in Thüringen aufgefordert, die Verständigung mit der Linkspartei zu suchen. Nach der Landtagswahl im Oktober sei der "einzig vernünftige Weg gewesen, dass die rot-rot-grüne Regierung mit einem geschäftsführenden Ministerpräsidenten Bodo Ramelow (Linke) im Amt geblieben wäre", sagte der CDU-Politiker den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vom Freitag. Alle Parteien außer der AfD sollten eine Verständigung untereinander suchen.

Damit stellt Kretschmer die Linie der Bundespartei und auch des CDU-Bundesparteitags in Frage. "Die CDU Deutschlands lehnt Koalitionen und ähnliche Formen der Zusammenarbeit sowohl mit der Linkspartei als auch mit der Alternative für Deutschland ab", hatte der CDU-Bundesparteitag 2018 beschlossen. "Zwischen AfD und Linkspartei sehe ich einen großen Unterschied", sagte der sächsische CDU-Politiker jetzt.



Max Muth
Max Muth

Habeck warnt SPD vor Bruch der Großen Koalition


In der ZDF-Sendung "Maybrit Illner" hat Grünen-Chef Robert Habeck die SPD davor gewarnt, die Thüringer Ministerpräsidentenwahl zum Anlass für einen Bruch der Großen Koalition zu nehmen. Die SPD solle wegen Sachfragen aus der Großen Koalition „rausgehen, wann immer sie es für richtig hält oder auch nicht, aber nicht an dem Fall“, sagte Habeck am Donnerstag. Das Regierungsbündnis jetzt zu verlassen hieße, „das Geschäft der AfD nun wirklich zu adeln“.

Angesichts der Ereignisse in Thüringen seien jetzt alle „gezwungen, das Vertrauen in die Vernunft und in die Zusammenarbeit der Parteien wieder herzustellen“. Es dürfe nicht für die Zukunft der „Ruch“ gestartet werden, dass Parteien nicht mehr zusammenarbeiten können.

FDP-Generalsekretärin Linda Teuteberg geht davon aus, dass der Bundesvorstand der Partei dem Vorsitzenden Christian Lindner am Freitag das Vertrauen aussprechen werde. Der hatte angekündigt im Bundesvorstand die Vertrauensfrage zu stellen. Lindner habe nach der Abstimmung im Thüringer Parlament „schnell gehandelt“, so Teuteberg, und anders als die Union schnell eine Entscheidung herbeigeführt.




Philipp Saul
Philipp Saul

Rot-Rot-Grün tritt vor die Presse


Kramp-Karrenbauer und Mohring sitzen weiter hinter verschlossenen Türen. Trotzdem tut sich etwas in Erfurt. Unsere Korrespondentin Antonie Rietzschel berichtet:

Drei Spitzenpolitiker der Landesverbände von SPD, Grünen und Linken treten vor die Journalisten. Gemeinsam setzen sie Thomas Kemmerich ein Ultimatum. Bis Sonntag soll er erklären wie es weitergeht. "Die Frage, die im Raum steht, lautet: Rücktritt Ja oder Nein", sagt der SPD-Vorsitzende Wolfgang Tiefensee. Der stellvertretende Landesvorsitzende der Linken, Steffen Dittes, sagt: "Der Auftrag der Demokraten ist es, die gestern getroffene Entscheidung rückgängig zu machen und dann wieder Vertrauen aufzubauen". Der Grünen-Fraktionsvorsitzende Dirk Adams erklärt, Rot-Rot-Grün sei in der Lage, eine stabile Regierung zu stellen.

Fragen, wie Mehrheiten in einer rot-rot-grünen Regierung zustande kommen sollen, weisen die drei Politiker zurück. Es gehe jetzt erst mal um den ersten Schritt, den Rücktritt Kemmerichs. Und es gehe darum, eben zerstörte Vertrauen in FDP und CDU wiederherzustellen. "Die FDP muss sich fragen, wie sie künftig mit anderen Parteien zusammenarbeiten will", sagt Drittes. Ohne "Täuschung", ohne "Tritt in die Kniekehlen".

Adams fordert danach in einem Interview, dass FDP und CDU die Tür aufmachen für die Wahl eines Ministerpräsidenten, ohne AfD-Stimmen. Seine Partei bevorzugt keine Neuwahlen. Während Tiefensee sagt, seine Partei scheue sich nicht davor. Sollte Kemmerich sich bis Sonntag nicht erklären, werden sich Linke, SPD und Grüne erneut zusammen setzen.
Philipp Saul
Philipp Saul

FDP-Vorstand Thüringen spricht Kemmerich das Vertrauen aus


Der Landesvorstand der FDP stützt Ministerpräsident Kemmerich auch nach dessen Rückzugssankündigung von seinem Regierungsamt, wie der Landesverband mitteilte. Die Vorstandsmitglieder zeigten sich demnach erschüttert über den "organisierten Hass in Form von Massenmails und Drohbriefen, der den Liberalen derzeit entgegenschlägt". Generalsekretär Robert-Martin Montag sagte: "Eine Zusammenarbeit mit den extremen Rändern stand für die FDP-Fraktion nie zur Debatte". Kemmerich versicherte demnach bei der Sitzung, sein politisches Engagement auch weiterhin in den Dienst der Thüringer Liberalen zu stellen.
Xaver Bitz
Xaver Bitz

Lange Nacht in Erfurt


SZ-Korrespondentin Antonie Rietzschel ist im Landtag am Ort. Ihr Eindruck: Es wird eine lange Nacht im Thüringer Parlament. Erst um 20 Uhr betrat Annegret Kramp-Karrenbauer den Bernhard-Vogel-Saal. Ein gemeinsames Statement mit dem CDU-Landesvorsitzenden Mike Mohring war für 20.30 Uhr angesetzt. Doch bisher haben sich die Türen des Saals nicht wieder geöffnet. Die Diskussion dürfte hitzig sein. Kramp-Karrenbauer hatte sich für Neuwahlen ausgesprochen - Mohring dagegen.
Xaver Bitz
Xaver Bitz

Warten auf AKK und Mohring


Was auch immer die Bundesvorsitzende und der thüringische CDU-Chef zu besprechen haben: Sie gehen in die Verlängerung. Wann das Statement beginnt, ist nicht klar. Sobald es losgeht, merken Sie es aber hier.
Philipp Saul
Philipp Saul

Der 24-Stunden-Mann


"Nehmen Sie die Wahl zum Ministerpräsidenten an?" Thomas Kemmerich erhebt sich, knöpft sein Sakko zu und verkündet: "Ich nehme an." Von der Vereidigung bis zur Rücktrittsankündigung dauerte es nur etwas mehr als einen Tag. Ein Rückblick im Minutenprotokoll.
Xaver Bitz
Xaver Bitz

Mohring übersteht Vertrauensfrage


Der Thüringer CDU-Landespartei- und Fraktionschef hat im Landesvorstand die Vertrauensfrage gestellt und überstanden. Das gab der Generalsekretär der Thüringer CDU, Raymond Walk, bekannt. Demnach wurde Mohring als Landesvorsitzender mit zwölf Ja-Stimmen in seinem Amt bestätigt. Gegen Mohring stimmten laut Walk zwei Vorstandsmitglieder.

Derweil haben drei Thüringer CDU-Landräte den Rücktritt Mohrings gefordert. Es handelt sich nach Informationen der Deutschen Presse-Agentur um Martina Schweinsburg (Landkreis Greiz), Andreas Heller (Saale-Holz-Land-Kreis) und Reinhard Krebs (Wartburgkreis). Schweinsburg habe die Botschaft im Namen der drei Kommunalpolitiker an Mohring überbracht.
Xaver Bitz
Xaver Bitz

Gehalt und Übergangsgeld


Thomas Kemmerich stehen einem Medienbericht zufolge durch seinen Amtsantritt mindestens 93 000 Euro an Gehalt und Übergangsgeld zu. Die Summe erhöhe sich mit jedem weiteren angebrochenem Monat im Amt, berichtete das Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Die Mitglieder der Landesregierung erhalten von Anfang des Monats - in dem ihr Amtsverhältnis beginnt - bis zum Schluss des Kalendermonats - in dem das Amtsverhältnis endet - ein Amtsgehalt. Für den Ministerpräsidenten sind das laut Staatskanzlei etwa 16 100 Euro, sowie eine Dienstaufwandsentschädigung in Höhe von 766 Euro.

Zusätzlich habe sich Kemmerich bereits mit seiner bisherigen eintägigen Amtszeit, die rechtlich wie ein Monat behandelt wird, den Anspruch auf ein Übergangsgeld erworben, das ab dem ersten Monat nach dem Ausscheiden aus dem Amt gewährt wird, berichtet das RND. Es wird laut Gesetz mindestens sechs und maximal zwölf Monate gezahlt. Kemmerich erhalte demnach in den ersten drei Monaten insgesamt 50 312,22 Euro und für die Monate vier bis sechs noch einmal 25 156,11 Euro; in der Summe also ein Übergangsgeld von 75 468,33 Euro. Einen Anspruch auf Ruhegeld hat Kemmerich dagegen nicht erworben. Dafür müsste er laut Gesetz mindestens zwei Jahre im Amt sein.
Xaver Bitz
Xaver Bitz

Mohring contra Unionsspitzen?


Der Chef der Thüringer CDU scheint also immer noch darauf zu hoffen, in führende Regierungsverantwortung zu kommen. Denn "stabile Verhältnisse" hätten er und seine Fraktion Thüringen schon gestern verschaffen können. Nicht unbedingt, indem sie Bodo Ramelow wählen. Aber indem sie nicht dem Gegenkandidaten Kemmerich ihre Stimme geben und dadurch der eigentlich geplanten rot-rot-grünen Minderheitsregierung die Etablierung ermöglichen.

Mit seinem Willen, an den derzeitigen Mehrheitsverhältnissen im Erfurter Landtag festzuhalten, stellt er sich auch gegen die Meinung führender Unionspolitiker. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak und CSU-Chef Markus Söder hatten sich ja zuvor recht eindeutig zum Thema Neuwahlen geäußert. Wer weiß, vielleicht will Parteichefin Kramp-Karrenbauer Mohring ja in einigen dieser Fragen ins Gewissen reden. Gegen 20.30 Uhr wollen die beiden vor die Presse treten.
Xaver Bitz
Xaver Bitz

Mohring ist gegen Selbstauflösung des Landtages, aber für Abwahl Kemmerichs


Der Thüringer CDU-Partei- und Fraktionschef Mike Mohring will eine Neuwahl des Landtags vermeiden. Partei und Fraktion der CDU in Thüringen seien gemeinsam verantwortlich, im Landtag "Verhältnisse zu ermöglichen, die dem Land Thüringen Stabilität geben", schrieb er Stunden, nachdem Thomas Kemmerich seinen Rückzug angekündigt hat, auf Twitter. Dazu könne der amtierende Ministerpräsident - also Thomas Kemmerich von der FDP - die Vertrauensfrage im Landtag stellen und die Wahl eines Nachfolgers ermöglichen.

"Es liegt in der Verantwortung aller gewählten Abgeordneten diesen Weg zu gehen, um Neuwahlen zu vermeiden. Dazu muss das Parlament fähig sein, um unserer demokratischen Kultur willen", schrieb Mohring weiter. Damit nimmt er eine Gegenposition zu Kemmerich ein, der eine Auflösung des Landtags und eine anschließende Neuwahl anstrebt.

Mohring trifft sich noch am Donnerstag mit der CDU-Vorsitzenden Annegret Kramp-Karrenbauer und will danach mit ihr vor die Presse treten.
Philipp Saul
Philipp Saul

Söder fordert von CDU Bereitschaft für schnelle Neuwahl in Thüringen


Nach dem gestrigen "Kardinalfehler" bei der Regierungsbildung in Erfurt müsse nun „ein glaubwürdiges Signal gesetzt werden“, sagt der bayerische Ministerpräsident. "Das geht nur mit Neuwahlen." Es dürfe "kein Ziehen und langes Taktieren geben". Söder betont, dass der Vorfall in Thüringen längst eine "nationale Dimension erreicht hat, ich behaupte sogar eine internationale Aufmerksamkeit erreicht hat". Er sei mit CDU-Chefin Annegret Kramp-Karrenbauer in "engster Abstimmung".

Der CSUler lobt die Bereitschaft der FDP für Neuwahlen: "Das ist eine ganz notwendige Entscheidung, dass der Weg frei gemacht wird für Neuwahlen. Alles andere wäre unangemessen und nicht richtig."
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Kommentar von Detlef Esslinger

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