Thüringen:Lieberknecht will nicht antreten

Die frühere Thüringer CDU-Ministerpräsidentin fordert von ihrer Partei, stattdessen eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter Bodo Ramelow zu unterstützen.

Von Jan Bielicki und Antonie Rietzschel, Leipzig/München

In Thüringen wächst der Druck auf die CDU, entweder eine rot-rot-grüne Minderheitsregierung oder schnelle Neuwahlen zu ermöglichen. "Wer keine Neuwahlen will, muss Bodo Ramelow zu einer Mehrheit im Landtag verhelfen", rief die frühere CDU-Ministerpräsidentin Christine Lieberknecht am Mittwoch in Erfurt ihre Partei dazu auf, dem Ex-Regierungschef der Linken wieder zurück ins Amt zu verhelfen. Zuvor hatte sie es abgelehnt, das Land an der Spitze einer Übergangsregierung bis zu Neuwahlen zu führen. "Ich bin aus der Debatte raus", sagte sie der Thüringer Allgemeinen. Der Widerspruch mit der CDU, die keine schnellen Neuwahlen wolle, lasse sich nicht auflösen, begründete Lieberknecht ihren Rückzug. Ihre Parteifreunde forderte sie auf, eine "verlässliche parlamentarische Vereinbarung mit der Linken" zu schließen, die nicht nur Ramelows Wahl zum Ministerpräsidenten sicherstellen, sondern ein "dauerhaft verlässliches Regierungshandeln ermöglichen" müsse.

Erst 36 Stunden zuvor hatte Ramelow ihren Namen ins Spiel gebracht und eine technische Übergangsregierung unter Führung der CDU-Politikerin als möglichen Weg aus Thüringens Regierungskrise vorgeschlagen. Flankiert von drei Ministern solle sie das Land bis zu Neuwahlen innerhalb von 70 Tagen regieren, so Ramelows Plan, dem Lieberknecht zugestimmt hatte. Nominell führt derzeit der FDP-Politiker Thomas Kemmerich die Regierungsgeschäfte, der sich vor zwei Wochen mit Stimmen auch der CDU und der AfD zum Ministerpräsidenten hatte wählen lassen.

Die Landtags-CDU lehnte Ramelows Vorschlag jedoch ab. Ihr Gegenangebot: Lieberknecht solle als Chefin einer Expertenregierung den Haushalt 2021 festklopfen, erst danach, frühestens im Herbst, solle neu gewählt werden. Doch das wollte Lieberknecht nicht: Sie hätte nur für "die Lösung von Bodo Ramelow" zur Verfügung gestanden, erklärte sie und wandte sich damit gegen ihren alten Rivalen Mike Mohring, den sie 2009 im parteiinternen Rennen um die Nachfolge von Ministerpräsident Dieter Althaus geschlagen hatte.

In den Verhandlungen mit Linken, SPD und Grünen, die am Mittwoch fortgesetzt wurden, stecken die Christdemokraten nun in einem Dilemma: Entweder stimmen sie einer Auflösung des Landtages und baldigen Neuwahlen zu oder sie unterstützen Rot-Rot-Grün unter Ramelows Führung. Beides wäre schädlich für sie. Die Zustimmungswerte der CDU haben sich Umfragen zufolge halbiert. Und ein Unvereinbarkeitsbeschluss der Bundes-CDU verbietet ihr nicht nur, sich mit der AfD einzulassen, sondern auch, die Linken zu unterstützen.

CDU-Fraktionschef Mike Mohring erneuerte seine Kritik an dieser strikten Festlegung: "Wir kreisen immer wieder um diese Frage", sagte er am Mittwoch. In der Fraktion schwindet jedoch sein Rückhalt. Mehrere CDU-Abgeordnete hatten gefordert, er solle am Mittwoch die Vertrauensfrage stellen. Doch dazu kam es während der mehrstündigen Fraktionssitzung nicht, Mohring bleibt bis Anfang März im Amt.

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