Landtag in Thüringen:AfD scheitert mit Misstrauensvotum

Björn Höcke (r.), Fraktionsvorsitzender der AfD, und Andreas Möller, Landessprecher der Fraktion im Plenarsaal des Thüringer Landtages.

Björn Höcke (r.), Fraktionsvorsitzender der AfD, und Andreas Möller, Landessprecher der Fraktion im Plenarsaal des Thüringer Landtages.

(Foto: Bodo Schackow/dpa)

In Thüringen steckt die AfD mit ihrem Misstrauensvotum gegen Bodo Ramelow eine Schlappe ein. Der Linken-Politiker bleibt Ministerpräsident. Björn Höcke hört heftige Kritik der CDU, FDP und Linke ärgern sich über die CDU.

Von Antonie Rietzschel, Dresden

Kurz vor der Sommerpause hat der Thüringer Landtag noch einige Themen abzuarbeiten. Die CDU will über die Zukunft von Feuerwehren diskutieren, die FDP über die Förderung von Unternehmensgründungen, die Grünen über das Hochwasserproblem. Dass nicht alles drankommt, liegt auch am Tagesordnungspunkt 33a: das konstruktive Misstrauensvotum gegen Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke), beantragt von der AfD.

Am Freitag, nach der Mittags- und Lüftungspause, stellt sich der AfD-Fraktionsvorsitzende Björn Höcke in Erfurt an das Rednerpult und begrüßt erst mal das Publikum: "Sehr geehrte Besucher auf der Tribüne und im Livestream." Dann setzt er an zu einer Rede, die zum Rundumschlag wird. Rot-Rot-Grün wirft er vor, das "Volk zerstören" zu wollen, den Fraktionsvorsitzenden der CDU, Mario Voigt, beschimpft er sexistisch, auf eine Weise, die man nicht zitieren will. Er selbst muss sich von den anderen Fraktionen den Vorwurf anhören, den Landtag zu instrumentalisieren.

Nach einer knappen Stunde Diskussion und Abstimmung ist klar, dass Höcke nicht über die 22 Stimmen der AfD hinauskommt. Damit verfehlt er die erforderliche absolute Mehrheit, das konstruktive Misstrauensvotum schlägt fehl, Bodo Ramelow bleibt Ministerpräsident von Thüringen. Höckes Kalkül, einzelne Abgeordnete von CDU und FDP zur Zustimmung zu verleiten, ist gescheitert, weil die Liberalen geschlossen gegen ihn stimmten. Und die Abgeordneten der CDU? Blieben einfach sitzen, als ihre Namen aufgerufen wurden.

Dass sie sich so verhalten würden, hatte CDU-Fraktionschef Mario Voigt vorab angekündigt - und musste sich dafür von Astrid Rothe-Beinlich, der Fraktionsvorsitzenden der Grünen, "Rückgratlosigkeit" vorwerfen lassen. Auch die Linke war entsetzt, Fraktionschef Steffen Dittes nannte das Vorgehen "verantwortungslos".

Ein Abgeordneter der Linken rief: "Drecksack"

In einer Aussprache, die der Abstimmung vorausgegangen war, griff Voigt Björn Höcke in einer sehr emotionalen Rede an. Höcke trage eine "tiefe Feindschaft für die Demokratie in sich" und wolle unter anderem mit solchen "Spielchen" demokratische Institutionen kaputtmachen. "Wir boykottieren Sie und Ihre Partei", sagte Voigt. Durch das Sitzenbleiben wolle seine Fraktion ein klares Zeichen setzen und unangreifbar für Spekulationen sein, falls Höcke Zustimmung außerhalb des AfD-Lagers erfahren hätte.

Nach dem politischen Gezerre der letzten Monate und den gescheiterten Neuwahlen bot die Abstimmung über das konstruktive Misstrauensvotum eine Chance für einen Vertrauensbeweis zwischen Parteien, die künftig aufeinander angewiesen sein werden. Die rot-rot-grüne Minderheitsregierung unter Führung von Bodo Ramelow muss sich in den nächsten drei Jahren Mehrheiten beschaffen, wahlweise bei der FDP und CDU. Die Liberalen haben bereits erklärt, sich "konstruktiv in die parlamentarische Arbeit einbringen" zu wollen. Ein entsprechendes Signal vonseiten des CDU-Fraktionsvorsitzenden steht aber noch aus.

"Was Thüringen braucht, ist ein starkes Parlament, das unser Bundesland klug durch die Herausforderungen führt. Wir brauchen dafür einen verantwortungsvollen Umgang miteinander, der getragen wird durch Respekt." Mit diesem Appell hatte Landtagspräsidentin Birgit Keller (Die Linke) am Mittwoch die Plenumswoche eröffnet.

Doch es sollte es nicht lange dauern, bis Parteikollegen die Gelegenheit nutzten, um sich abzureagieren. Als am Mittwoch der CDU-Politiker Christian Herrgott kritisierte, dass Grüne und Linke ihren Antrag zur Auflösung des Landtages zurückgezogen hatten, rief ein Abgeordneter der Linken: "Drecksack". Ein anderer Linker äffte einen CDU-Politiker nach, der gefragt hatte: "Wer war das?". Eine dritte Linken-Politikerin plauderte den entsprechenden Protokollvermerk gleich bei Twitter aus. Werden die Fraktionen sich wieder zusammenraufen? Die Antwort steht aus. Jetzt sind erst mal Ferien.

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