Süddeutsche Zeitung

Thomas Oppermann:Ziehkind Schröders, Chefverteidiger Steinmeiers

Thomas Oppermann trat in der Landespolitik für radikale Hochschulreformen ein und hielt im Fall Kurnaz eine schützende Hand über Außenminister Steinmeier. Nun bekommt er den Job des Strippenziehers der SPD-Fraktion.

Barbara Galaktionow

Einer breiten Öffentlichkeit ist Thomas Oppermann bislang eher unbekannt. Das wird sich nun vielleicht ändern. Denn der Göttinger SPD-Bundestagsabgeordnete wird Parlamentarischer Geschäftsführer seiner Partei.

Damit tritt der verheiratete Vater von drei Töchtern die Nachfolge von Olaf Scholz an, der nach dem Rücktritt von Franz Müntefering Bundesarbeitsminister wird. Ein steiler Sprung für Oppermann, der erst seit zwei Jahren Bundestagsabgeordneter ist. Ein Greenhorn ist der 53-Jährige dennoch nicht. Seine politische Karriere begann 1980 mit dem Eintritt in die SPD. Während seines Jura-Studiums in Göttingen in den frühen achtziger Jahren nahm er zunächst verschiedene Funktionen bei den Jungsozialisten und in den Gremien der akademischen und studentischen Selbstverwaltung wahr. So war er unter anderem AStA-Vorsitzender. 1985 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des SPD-Unterbezirks Göttingen gewählt, 1989 gelangte er an dessen Spitze.

Nach seinem Studium arbeitete Oppermann von 1986 an zunächst vier Jahre lang als Richter an den Verwaltungsgerichten Hannover und Braunschweig. Zwischenzeitlich war er auch in der Kommunalverwaltung tätig, so etwa als Rechtsdezernent der Stadt Hann. Münden.

Einsatz für radikale Hochschulreform

Erst 1990 wechselte er ganz in die Politik: Als Abgeordneter im niedersächsischen Landtag war er bis 1998 rechtspolitischer Sprecher seiner Partei. Im März 1998 berief Gerhard Schröder, damals noch Ministerpräsident von Niedersachsen, Oppermann als jüngsten Minister in sein Kabinett. Als Minister für Wissenschaft und Kultur machte Oppermann vor allem dadurch von sich reden, dass er sich vehement für eine radikale Hochschulreform einsetzte.

Oppermanns Forderungen nach mehr Autonomie, mehr Wettbewerb und einer leistungsabhängigen Bezahlung der Professoren schlug sich in dem von ihm auf den Weg gebrachten neuen Landeshochschulgesetz nieder. Es wurde 2002 verabschiedet. Das Gesetz sah unter anderem eine freiwillige Umwandlung von Universitäten und Fachhochschulen zu Stiftungen des Öffentlichen Rechts vor.

Während Kritiker darin die Gefahr eines Ausverkaufs der Universitäten sahen, beurteilte Oppermann selbst die Hochschulreform als das "bedeutendste Gesetzesprojekt der sozialdemokratischen Landesregierung".

Als beharrlicher Verfechter von Studiengebühren zog Oppermann auch den Zorn von Bundesbildungsministerin Edelgard Buhlmann (SPD) auf sich, die ganz im Gegensatz zu ihm für ein bundesweites Verbot von Studiengebühren für ein Erststudium eintrat. 2003 verlor Oppermann nach einem Regierungswechsel seinen Ministerposten.

Obmann im BND-Untersuchungsausschuss

2005 wurde er per Direktmandat aus dem Landkreis Göttingen in den Bundestag gewählt. Auch hier ist die Bildung einer seiner wichtigen Politikbereiche: Oppermann ist Mitglied im Ausschuss für Bildung, Forschung und Technikfolgenabschätzung.

Im März 2006 bestimmte ihn die SPD-Fraktion zudem zu ihrem Obmann im Geheimdienst-Untersuchungsausschuss. Hier stellte sich Oppermann in der Affäre um den Guantanamo-Häftling Murat Kurnaz als "Chefverteidiger" hinter den angeschlagenen Außenminister Frank-Walter Steinmeier.

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