Thomas de Maizière: Neuer Verteidigungsminister:Der geräuscharme Anti-Guttenberg

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Kanzlerin Angela Merkel macht ihren Vertrauten Thomas de Maizière zum neuen Verteidigungsminister. Der gebürtige Rheinländer managt Politik effizient und leise - und ist in seinem Auftreten das Gegenteil von Karl-Theodor zu Guttenberg.

Oliver Das Gupta

Wenn Thomas de Maizière demnächst sein Büro im Berliner Bendlerblock bezieht, ist er in der bundesdeutschen Postenlandschaft wohl dort angelangt, wo er sich bislang am wohlsten fühlt. Das Amt des Verteidigungsministers stellt den bisherigen Höhepunkt in der Karriere des CDU-Politikers dar. Seit seiner Kindheit ist er mit dem Militärischen vertraut: Als er 1954 in Bonn zur Welt kommt, bastelt sein Vater Ulrich de Maizière gerade am Aufbau der noch zu gründenden Bundeswehr, als Thomas Teenager ist, dient de Maizière Senior als Generalinspekteur, als oberster Soldat, dem Verteidigungsminister.

Die Lage in Afghanistan ist dem neuen Verteidigungsminsiter Thomas de Maizière aus seiner Zeit als Kanzleramtschef und Innenminister bestens vertraut. Hier hält er in Kundus eine Rede vor afghanischen Polizisten. (Foto: REUTERS)

Der Sohn, der dem Vater wie aus dem Gesicht geschnitten ist (inklusive Brille), schlägt nach dem Grundwehrdienst eine andere Laufbahn ein: Er studiert Rechtswissenschaften und Geschichte, promoviert schließlich zum Dr. jur. Dass Thomas de Maizières Dissertation nennenswerte Patzer enthält, scheint undenkbar - der gebürtige Rheinländer gilt als personifizierte Gründlichkeit.

Überhaupt unterscheidet sich de Maizières politische Vita deutlich von der Karl-Theodor zu Guttenbergs: Anders als der Senkrechtstarter aus Oberfranken müht sich der Spross einer Hugenottenfamilie über Jahrzehnte nach oben - wobei man offenlassen muss, ob er überhaupt einen Drang nach höheren Ämtern verspürt.

Richard von Weizsäcker holt in seiner Zeit als Regierender Bürgermeister von Berlin den jungen de Maizière in sein Umfeld, nach der Wende berät er im Range eines Staatssekretärs die letzte DDR-Regierung, die sein Cousin Lothar de Maizière als Ministerpräsident anführt, und feilt mit am Einigungsvertrag.

Ministerämter in Ostdeutschland

Es folgen Stationen als Staatssekretär im Kultusministerium von Mecklenburg-Vorpommern, Staatskanzleichef in Schwerin, als sächsischer Landesminister der Finanzen, der Justiz und des Inneren. De Maizière macht überall den Job, um den man ihn bittet und er verrichtet ihn relativ geräuscharm - ein Gegenbild zum schillernden Guttenberg.

Wenig Glamour, viel Arbeit: Thomas de Maizière fällt seit jeher wenig auf, der gläubige Protestant brilliert mit anderen Eigenschaften: Nüchtern und effizient werkele er, heißt es, er arbeite sich schnell und gründlich in Sachgebiete ein. Und Thomas de Maizière hat ein Händchen für kniffelige Vermittlungsaufgaben. Gerade die letztgenannte Gabe macht ihn zum entscheidenden Stabilisator und Ruhepol in der großen Koalition - als Chef des Kanzleramtes landen zwischen 2005 und 2009 die schwierigen Fälle auf seinem Schreibtisch.

Nach seinem Wechsel ins Innenministerium erhält er für seinen ruhigen Stil viel Beifall. De Maizière tritt weniger alarmistisch auf als Vorgänger Wolfgang Schäuble, der regelmäßig ein Feuerwerk von Terrorwarnungen und Sicherheitsvorschlägen zündete und auch mal offen ließ, ob erfolterte Erkenntnisse nicht doch verwendet werden sollten.

Als Innenminister stößt Thomas de Maizière aber auf Widerstand, gerade bei den Themen Swift-Abkommen, Internet-Sperren und die Umbaupläne der Sicherheitsbehörden. Angela Merkel rüffelt den Minister im November 2010, weil de Maizière der Kanzlerin über eine Paketbombe zu spät berichtet hatte - die einzige öffentlich gewordene Dissonanz in einem sonst reibungslosen Verhältnis. Breites Lob erhält er für seine besonnen vorgetragenen Terrorwarnungen kurz darauf.

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Ansonsten gilt das Verhältnis zur Kanzlerin als gut: Für Merkel ist de Maizière, das zeigt sich in diesen Tagen wieder, eine Allzweckwaffe, die sie auch, wie 2010 geschehen, als Ersatz für den erkrankten Wolfgang Schäuble zum EU-Finanzministertreffen schicken kann.

Sie kennen und schätzen sich: Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr damaliger Kanzleramtsminister Thomas de Maizière auf dem Weg in eine Sitzung im Jahr 2006 . (Foto: dpa)

Zu Beginn ihrer Kanzlerschaft 2005 holt sie ihn aus Sachsen nach Berlin: Thomas de Maizière soll ihre neu gewonnene Macht als Chef des Kanzleramtes sichern. Die misstrauische CDU-Chefin vertraut de Maizière und seinen Tugenden. Beide kennen sich seit der Wendezeit: Der Wessi und die Ostdeutsche arbeiten in der letzten DDR-Regierung auf die Einigung hin, beide haben nicht nur die nüchterne Analyse gemeinsam.

Erfolgreicher Manager hinter den Kulissen

Wenn Merkel ihren bisherigen Innenminister nun zum Nachfolger Guttenbergs kürt, macht sie das nicht nur, weil die ministrable Personaldecke in den Unionsparteien dünn geworden ist. Thomas de Maizière soll die Reform der Bundeswehr, eine politische Mammutaufgabe, zu einem guten Ende bringen. Ihr Gelingen wäre ein echter Erfolg für die bislang erfolgsarm agierende schwarz-gelbe Koalition, ein Pfund, mit dem man zu Recht wuchern dürfte.

Dass Thomas de Maizière die Wehrpflichtstruppe erfolgreich zur Profi-Armee transformieren kann, trauen ihm selbst Oppositionsvertreter zu. Genug Zeit dürfte der neue Bundesminister der Verteidigung haben, schließlich pflegt er sich nicht mit ausgiebiger Imagepflege aufzuhalten.

Home-Storys, medienwirksames Auftreten und öffentliches Zurschaustellen der Ehefrau und mitunter vorschnelle Entscheidungen, kurz: einen Stil wie ihn Karl-Theodor zu Guttenberg zelebrierte, ist de Maizières Sache nicht, im Gegenteil: Vom Polit-Brimborium hält der dreifache Vater wohl wenig, zu kritischeren Attributen als "geschwätzig" für die Berliner Bühne lässt er sich allerdings nicht hinreißen. Er spielt zur Entspannung gerne Klavier, hat seinen Lebensmittelpunkt nach wie vor in Dresden.

Seine Ehefrau Martina ist Personal Trainer und es scheint mehr als unwahrscheinlich, dass sie ihren Gatten begleiten wird, wenn dieser in seinem neuen Amt nach Afghanistan reist, um dort Bundeswehrsoldaten zu besuchen.

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