Thomas Cook:Hunderttausende Urlauber sitzen fest

Nach seiner Pleite hat der britische Reisekonzern den Betrieb eingestellt. Die deutschen Tochterunternehmen kämpfen darum, weiter Reisen anbieten zu können.

Von Caspar Busse und Jens Flottau

Etwa 600 000 unmittelbar betroffene Touristen, davon rund 140 000 aus Deutschland: In der Nacht zum Montag leitete der britische Reisekonzern Thomas Cook das Konkursverfahren ein. Es gebe keine andere Möglichkeit, teilte der älteste Touristikkonzern der Welt mit. Zuvor waren Verhandlungen mit Banken sowie Rettungsgespräche mit der britischen Regierung gescheitert. Unternehmenschef Peter Fankhauser bezeichnete das Scheitern als "verheerend" und sagte: "Dies ist eine Stellungnahme, von der ich gehofft hatte, dass ich sie nie würde abgeben müssen." Der Schweizer entschuldigte sich bei "Millionen Kunden und Tausenden Angestellten, Zulieferern und Partnern".

Die Auswirkungen sind drastisch: Die britische Flugbehörde CAA gab die Einstellung aller Thomas-Cook-Flüge bekannt und kündigte eine Rückholaktion für mehr als 150 000 Fluggäste aus Großbritannien an. Das Auswärtige Amt sagte möglicherweise im Ausland gestrandeten deutschen Urlaubern Unterstützung zu. Angesichts der unterschiedlichen Rechtslage gebe es aber keine groß angelegte Aktion wie in Großbritannien. Die deutsche Thomas Cook GmbH stoppte vorerst den Reiseverkauf und wollte letzte Optionen ausloten, um eine Insolvenz zu vermeiden. Die anderen deutschen Tochterunternehmen des Konzerns, darunter Neckermann, Bucher Reisen oder Öger Tours, kämpfen darum weiterzumachen.

Die Ferienfluggesellschaft Condor, die ebenfalls zur deutschen Thomas Cook gehört, fliegt vorerst weiter, darf betroffene Urlauber nicht mehr an ihr Ziel bringen, aber von den Ferienorten zurück nach Deutschland. Sie hat bei der Bundesregierung einen staatlich verbürgten Übergangskredit beantragt, um den Betrieb aufrechterhalten zu können. Das Wirtschaftsministerium bestätigte, dass die Anfrage geprüft werde. Es werde "mit Hochdruck" an dem Fall gearbeitet. Es gibt ein Vorbild: Nach der Insolvenz von Air Berlin vor zwei Jahren wurde von Berlin ein Kredit von 150 Millionen Euro bereitgestellt. Damit konnte die Airline zunächst weiterfliegen, danach wurden die Einzelteile verkauft. Der Kredit ist mittlerweile zurückgezahlt.

Condor betreibt eine Flotte von 58 Maschinen und beschäftigt rund 4000 Mitarbeiter. Rund 40 Flugzeuge werden im Europaverkehr eingesetzt, der Rest fliegt auf Langstrecken vor allem nach Nordamerika, Afrika und in die Karibik. Die Airline ist profitabel, doch durch die Insolvenz von Thomas Cook fällt nun der wichtigste Kunde weg. Zuletzt war darüber spekuliert worden, ob Lufthansa Condor übernehmen wolle. Condor gehörte vor rund 20 Jahren schon einmal zu Lufthansa.

Das Aus für Thomas Cook, die Anfänge der Firma gehen auf das Jahr 1841 zurück, ist eine der größten Insolvenzen in der europäischen Touristikindustrie. Das Unternehmen steckt schon seit Längerem in einer tiefen Krise. Unter anderem der ungewisse Ausgang des Brexit, das gesunkene Pfund und eine starke Expansion sind die Gründe. Zuletzt wurde mit einem chinesischen Investor verhandelt, der Thomas Cook mit neuem Kapital retten sollte.

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