Das Willy-Brandt-Haus, die Zentrale der SPD, hat der frühere Berliner Finanzsenator und Bundesbanker Thilo Sarrazin am Freitagvormittag noch einmal als Parteimitglied betreten. Ob er dies noch länger bleiben darf, darüber hatte an diesem Tag das oberste Parteischiedsgericht verhandelt. Es ging um die Zukunft des Genossen Thilo Sarrazin, 75 Jahre alt, eingetreten in die SPD im Jahr 1973. Kurz nach 16 Uhr meldet die SPD: "Sarrazin ist nicht mehr Mitglied der SPD."
Geht es nach Generalsekretär Lars Klingbeil, dann markiert dieser 31. Juli 2020 einen Schlusspunkt, wenn auch womöglich nur einen vorläufigen. Die Parteispitze versuchte 2009/10, 2011 und jetzt wieder, seit 2019, in mehreren Anläufen, Sarrazin loszuwerden. Er vertrete in seinen Äußerungen und Büchern rassistische und islamfeindliche Thesen, die mit den SPD-Werten unvereinbar seien.
Neue Rechte:Am Anfang war Sarrazin
Die Journalisten Christian Fuchs und Paul Middelhoff haben ein Buch über die neue Rechte geschrieben. Es zeigt vor allem, welchen Anteil konservative Medien an deren Erfolg haben.
Die Schiedskommission führte als Beispiele an, dass Sarrazin in der Flüchtlings- und Migrationspolitik die Forderung erhebe, Menschen ohne Aufenthaltsstatus notfalls mit militärischen Mitteln in ihre Herkunftsländer zurückzuführen. Zudem fordere er, abgelehnten Flüchtlingen gerichtlichen Rechtsschutz zu versagen. Seine Auffassungen seien "eingebettet in eine Linie der Herabwürdigung von Menschen vor allem muslimischen Glaubens, denen er nach dem Gesamteindruck seines Werks im Kern den gleichen Wert und die gleiche Würde abspreche". Zuvor hatten Schiedskommissionen auf Kreis- und Landesebenen seinen Ausschluss beschlossen, wirksam wird er nun mit der Entscheidung der Bundesschiedskommission.
Sie hat entschieden, "dass zum Schutz des Ansehens und der Glaubwürdigkeit der SPD der verhängte Parteiausschluss von Sarrazin rechtmäßig" sei, da Sarrazin erheblich gegen die Grundsätze und die Ordnung der Partei verstoßen und ihr damit Schaden zugefügt habe, wie die SPD mitteilte.
Sarrazin hat den Rassismus-Vorwurf stets zurückgewiesen. Ist das nun das Ende des Streits? "Dies war kein offenes, ehrliches und faires Verfahren", klagte er. Er will vor ein ziviles Gericht ziehen. So ganz ist die SPD Sarrazin nicht los. Und bald erscheint sein nächstes Buch.