Theresa May auf der Sicherheitskonferenz:Ihr braucht uns! Vergesst das nicht!

Die Mission der britischen Premierministerin May in München lautet: Schadensbegrenzung. Manch ein EU-Politiker hört einen drohenden Unterton.

Von Daniel Brössler

Das kann sie wirklich gut: Über die Vorzüge der europäischen Zusammenarbeit sprechen. "Die europäische Sicherheit ist unsere Sicherheit", verkündet Theresa May, die britische Premierministerin, auf der Bühne der europäischen Sicherheitskonferenz. Sie spricht darüber, dass Bedrohungen keine Grenzen kennen, wie nützlich Europol ist und der europäische Haftbefehl. "Wir wollen die Zusammenarbeit mit unseren europäischen Partnern fortsetzen", verspricht sie. Gleich, könnte man denken, bläst sie den Brexit ab. "Wären die Dinge nicht viel einfacher", fragt schließlich auch Gastgeber Wolfgang Ischinger, "wenn Sie drin bleiben würden"? Dafür gibt es Applaus.

May nimmt diesen Applaus lächelnd zur Kenntnis, aber den Brexit bläst sie natürlich nicht ab. "Wir werden die Europäische Union verlassen", stellt sie klar. Der Wille des Volkes werde umgesetzt, ein zweites Referendum werde es nicht geben. Mays Mission ist eine andere: Schadensbegrenzung. Wie auch im Wirtschaftsbereich gefährdet der Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union die Früchte jahrelanger Zusammenarbeit. May singt deshalb ein Loblied auf den Pragmatismus. "Es liegt in unserem gemeinsamen Interesse, Lösungen zu finden", wirbt sie.

Europa braucht Großbritannien

Der Britin schwebt eine Sicherheitsunion vor, damit sich nach dem Brexit an der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz möglichst nichts ändert, aber auch die Kooperation weitergeht in der Außenpolitik und der Verteidigung. Nett klingt das und vernünftig, aber die Politiker im Saal hören einen drohenden Unterton. May verweist auf die militärische Stärke Großbritanniens, erwähnt die Modernität der Streitkräfte, die Professionalität des Geheimdienste.

"Das Vereinigte Königreich bleibt der europäischen Sicherheit bedingungslos verpflichtet", behauptet May, aber sie lässt auch sehr deutlich durchblicken: Ihr braucht uns! Vergesst das nicht! Man solle sich nicht von einer "politischen Doktrin und Ideologie" leiten lassen, sagt sie und warnt: "Das würde uns allen schaden und unsere Menschen gefährden." Was May meint, ist das Beharren der EU darauf, dass die Vorzüge der EU nur nutzen kann, wer auch ihre Pflichten schultert.

Als EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker weniger später über Europas Rolle in der Welt spricht, geht er auf Mays leicht drohende Avancen von sich aus gar nicht ein. Man sei ja mit dem Vereinigten Königreich "nicht im Krieg", antwortet er erst auf Nachfrage, und natürlich wolle man in Sicherheitsdingen weiter zusammenarbeiten. Man dürfe das aber nicht "in einem Topf vermischen" etwa mit Handelsfragen. Soll heißen: Wirtschaftliche Zugeständnisse an die Briten, um sie nicht als Sicherheitspartner zu verlieren, soll es nicht geben. In seinen Zukunftsplänen für die EU kommt Großbritannien tatsächlich nicht mehr vor, etwa wenn er fordert, die EU müsse lernen "weltpolitik-fähig" zu werden.

Kurz will Schutz der EU-Außengrenzen

Das ist überhaupt ein Leitmotiv dieser Sicherheitskonferenz. Gleich als erster Redner am Samstag zeichnet Bundesaußenminister Sigmar Gabriel ein düsteres Bilder der Welt, in der Europa herausgefordert wird von China und in der "wir nicht mehr sicher sind, ob wir die Amerikaner wiedererkennen". Er fordert einen "europäischen Moment" und verweist auf die Historie. "Aus Feinden über Partner zu Freunden werden - das ist das Beispiel der Europäischen Union", erinnert Gabriel.

Wie sehr diese Lektion in Vergessenheit zu geraten droht, wird allerdings ziemlich klar während der Konferenz. Österreichs jungen Bundeskanzler Sebastian Kurz erinnert die EU, wie er sagt, derzeit an ein "altes Ehepaar". Der Norden beklage sich über den Süden, die angebliche Avantgarde über die Nachzügler. Die EU sei eben "da und dort falsch abgebogen", findet er. Er meint, wenig überraschend, die Flüchtlingspolitik, und fordert, auch nicht neu, einen besseren Schutz der Außengrenze.

Es habe sogar Regierungschefs aus Nato-und EU-Ländern gegeben, die diesmal nicht nebeneinander auf dem Podium hätten sitzen wollen, berichtet Konferenzchef Ischinger. Der "europäische Moment" - in München lässt er auf sich warten.

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