Nachruf:Wider den "herrschsüchtigen" Vatikan

Kirchenkritische Theologin Uta Ranke-Heinemann ist tot

War lange in der Friedensbewegung aktiv: die Theologin Uta Ranke-Heinemann, hier auf einem Foto aus dem Jahr 1999.

(Foto: Stefan Hesse/dpa)

Uta Ranke-Heinemann war einst weltweit die erste katholische Theologieprofessorin. Bald entwickelte sie sich zur streitbaren Rebellin. Nun ist sie im Alter von 93 Jahren gestorben.

Von Robert Probst

"Uta, gib nicht immer Widerworte!" So sprach schon der Vater zu seiner ältesten Tochter, damals in Essen. Und der Vater war nicht irgendwer. Der Vater war der spätere Bundespräsident Gustav Heinemann. Uta Ranke-Heinemann aber blieb dabei. Die Widerworte prägten ihr Leben. Nun ist die erste Frau, die sich in katholischer Theologie habilitiert hatte, erste Theologieprofessorin überhaupt wurde und später eine scharfe Kritikerin des Papstes war, im Alter von 93 Jahren gestorben.

Uta Heinemann trat 1953 zum Katholizismus über. Grund war die Heirat mit ihrem ehemaligen Klassenkameraden, dem katholischen Religionslehrer Edmund Ranke. In München studierte sie dann katholische Theologie, ein Kommilitone war dabei Joseph Ratzinger, der spätere Papst Benedikt XVI., auf den sie lange Zeit große Stücke hielt, ehe sie auch ihn zum "herrschsüchtigen, kalten vatikanischen Machtapparat" zählte.

1954 promovierte sie zum Dr. theol., 1969 konnte sie sich als erste Frau der Welt in katholischer Theologie habilitieren. Als erste Frau überhaupt erhielt sie 1970 auch eine Professur für katholische Theologie an der Pädagogischen Hochschule in Neuss/Rheinland. Klug, hochgebildet, eloquent und alles andere als konservativ, wie sie war, zog sie bald viel Aufmerksamkeit auf sich.

Streitbar - dieses Wort findet sich in sehr vielen Geschichten über Ranke-Heinemann, die den öffentlichen Auftritt - gern im grünen Kostüm - suchte und provokante, teils polemische Thesen mit Freuden verkündete. Etwa als sie 1980 scharfe Kritik an dem kostenaufwendigen "Frömmigkeitsspektakel" um den Besuch von Papst Johannes Paul II. in der Bundesrepublik übte, wenn sie über den "Sexualpessimismus" der Kirche lästerte oder später leicht resigniert feststellte, die Kirche sei noch immer ein "frauenfeindliches Terrarium".

In massiven Konflikt mit ihrer Kirche geriet Ranke-Heinemann nach einem TV-Interview, in dem sie das Dogma von der Jungfrauengeburt Jesu anzweifelte. Der damalige Ruhrbischof Franz Hengsbach entzog der Essener Theologin daraufhin im Juni 1987 die Lehrbefugnis. Sie musste mit 60 auf einen kirchenunabhängigen Lehrstuhl wechseln und lehrte bis zur Emeritierung 1990 Religionsgeschichte.

Ihr Hauptwerk ist "Eunuchen für das Himmelreich", in dem sie sich kritisch mit der Haltung der katholischen Kirche zur Sexualität befasste. Das erstmals 1988 erschienene Buch erfuhr mehrere erweiterte Neuauflagen. Ein weiterer Bestseller war "Nein und Amen. Anleitung zum Glaubenszweifel" (1992). Die Distanz zur Kirche wurde danach aber immer größer. In der Neuauflage von 2002 hieß der zweite Teil des Buchtitels dann "Mein Abschied vom traditionellen Christentum".

Ranke-Heinemann engagierte sich aber nicht nur in und gegen die Kirche, auch politisch war sie lange Zeit in der Friedensbewegung aktiv. 1999 schlug der PDS-Bundesvorstand die parteilose Theologin als Kandidatin für das Amt der Bundespräsidentin vor und begründete dies damit, dass sie eine höchst glaubwürdige Vertreterin der Friedensbewegung sei. Gegen Johannes Rau (SPD), der damals die Wahl gewann, und die Unionskandidatin Dagmar Schipanski hatte Ranke-Heinemann aber keine Chance.

Wie Uta Ranke-Heinemann sich selbst sah, zeigt sich wunderbar 1995 in einer Antwort auf die Frage des SZ-Magazins zum Thema Frauen und Feminismus: "So singende und tanzende Feministinnen gehen mir total auf den Wecker. Einmal sagte Eugen Drewermann in einer Talk-Show, Frauen hätten eine andere Art zu lehren, nämlich durch Singen und Tanzen. Das sehe ich anders. Von mir aus kann der Papst singen und tanzen, ich schreibe dafür die Enzykliken."

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