Der deutsche Präsident war beeindruckt vom Selbstbewusstsein des Politikneulings, der im vergangenen Sommer um das Amt des Premierministers in Thailand betrogen worden war – der Senat hatte ihn mehrfach durchfallen lassen. Doch Pita Limjaroenrat, 43, wirkte zuversichtlich, als er im Januar im Bangkok Museum of Contemporary Arts auf Frank-Walter Steinmeier traf: „Die Anklage gegen meine Partei wird fallen gelassen“, sagte der Spitzenkandidat der progressiven Move-Forward-Partei.
Er hoffte wohl darauf, dass ein neu gewählter Senat den Wählerinnen und Wählern zu ihrem Recht verhelfen würde, nachdem seine Partei bei der Wahl im Mai vergangenen Jahres die mit Abstand stärkste Kraft geworden war.
Die Senatoren sollten eigentlich Experten sein, die das Parlament kontrollieren
Nun hat die thailändische Wahlkommission am Mittwochabend 200 neue Senatoren bestätigt, die in diesem Monat den alten Senat ablösen sollen. Eigentlich war der Senat ins Leben gerufen worden, um das Parlament von Experten kontrollieren zu lassen, die sich im Leben verdient gemacht haben und nicht korrumpiert sind durch den politischen Alltag. Kandidaten sollen keine Mitglieder einer politischen Partei, Regierungsbeamte oder an einem Unternehmen beteiligt sein, das von staatlichen Bauaufträgen oder Konzessionen für natürliche Ressourcen profitiert. Auch Reichtum soll kein Kriterium für die Ernennung sein. Eine nette Idee, die nach hinten losging.
Tatsächlich waren die Auswahlkriterien bereits bei der ersten Wahl im Jahr 2000 so unklar, dass seitdem vor allem die politisch am besten vernetzten Parteien Wege fanden, ihre Kandidaten durchzubringen. Die Einflussnahme der Politiker und des Establishments waren so massiv, dass der Senat bald als „Ehepartnerkammer“ verunglimpft wurde.
Die Militärregierung, die sich 2014 in Thailand mal wieder an die Macht putschte, gab den Senat nicht mal mehr als neutrales Gremium aus, sondern besetzte ihn offen mit ihren Anhängern. Diese richteten es nach der vergangenen Wahl im August 2023 auch ein, dass die siegreiche Partei von Pita Limjaroenrat nicht an die Regierung kam.
Nachdem es deswegen zu Protesten gekommen war, sollten diesmal die Kriterien für die Auswahl der Senatoren geschärft werden: Vertreter aus 20 Berufs- und Gesellschaftsgruppen wählten dazu in jedem Bezirk des Landes fünf Spitzenkandidaten aus, die Bewerber wurden anschließend in einer gruppenübergreifenden Auswahl auf drei reduziert. Die Kandidaten mussten auf Provinz- und Nationalebene bestätigt werden, wo in einer modifizierten Form des Verfahrens wiederum zehn Senatoren aus jeder der 20 beteiligten Gruppen ernannt wurden. Die Bekanntgabe der Ergebnisse war verzögert worden, weil sich bei der Wahlkommission eine ganze Reihe von Beschwerden wegen des komplexen Auswahlverfahrens angesammelt hatte.
Im neuen Senat sitzen auffallend viele Vertreter des monarchistischen Lagers
Nun also steht der reformierte Senat, der nach den Kontroversen um die verhinderte Pita-Wahl in Zukunft nicht mehr bei der Wahl des Premierministers mitstimmen darf. Er wird allerdings Gesetze bestätigen müssen, und sollte die vom Militär entworfene Verfassung geändert werden – ein zentrales Wahlversprechen der beiden stärksten Parteien bei der Wahl 2023 –, muss er ebenfalls zustimmen.
Der Senat wird auch Mitglieder der Wahlkommission und des Verfassungsgerichts ernennen – und damit die beiden Gremien massiv beeinflussen, die in Zukunft über die Legitimität des Senats zu entscheiden haben.
Für die Connaisseurs politischer Ränkespiele sei erwähnt, dass die Bhumjaithai-Partei, Koalitionspartner der Partei Pheu Thai in der Regierung und nur viertstärkste Kraft bei den vergangenen Wahlen, auffallend viele Kandidaten durchbringen konnte. Die Bhumjaithai gilt als Vertreterin des konservativ-monarchistischen Establishments, und ihre Senatoren dürften der wirtschaftsliberalen Pheu Thai das Regieren in Zukunft erschweren.
Die konservativen Kräfte schaden der Wirtschaft
Der neue Senat spiegelt auch den schwindenden Einfluss des ehemaligen Premierministers Thaksin Shinawatra wider. Er und seine Pheu Thai sind derzeit in zwei laufende Gerichtsverfahren verwickelt, die sowohl Thaksin ins Gefängnis bringen, wie auch den aktuellen Premierminister Srettha Thavisin aus dem Amt heben könnten.
Die konservativen Kräfte in Thailand behalten die Macht also fest in den Händen, auch wenn das dem Land mehr schadet als nützt, sogar wirtschaftlich. Am Donnerstag meldete der Verbraucherindex der thailändischen Handelskammer, dass das Vertrauen der Konsumenten weiter gefallen sei. Laut der Umfrage sind die Verbraucher besorgt, dass die Politik instabil wird durch das Gerichtsverfahren, das zur Entlassung des Premierministers führen könnte, und dass sich die Wirtschaft nur langsam erholt, weil es an klaren Konjunkturmaßnahmen fehlt.
Wird Srettha seines Amtes enthoben, muss eine neue Regierung gebildet und ein neuer Premierminister gefunden werden, der durch den Senat kommt. Bis dahin, so wird in Bangkok vermutet, wäre auch die stärkste Kraft, die Move Forward, vom Verfassungsgericht aufgelöst, und Pita Limjaroenrat könnte sich nicht mehr an der Regierungsbildung beteiligen.