Reaktionen auf den Tod der jungen Frau in Haft ließen nicht lange auf sich warten: "Niemand soll sterben, weil er anders denkt", zitierte die Bangkok Post den thailändischen Politiker Nattawut Saikuar, auch andere zeigten sich geschockt, als sie vom Schicksal der Aktivistin Netiporn Sanesangkhom, genannt Bung, erfuhren. Sie war erst 28 Jahre alt, als sie am Dienstagvormittag starb.
Netiporn saß im Gefängnis in Bangkok und hatte mit einem Hungerstreik gegen das Justizsystem in ihrem Land protestiert, das Kritiker der Monarchie wie Schwerverbrecher behandelt und einsperrt. Der Tod der Aktivistin lenkt die Aufmerksamkeit erneut auf den Streit um die Zukunft der thailändischen Monarchie, die sich jedem Ruf nach politischen Reformen entzieht. Gegner des Systems werden dort gnadenlos verfolgt.
Seit Januar war die junge Frau wegen Majestätsbeleidigung in Haft
Die Aktivistin zählte zum Kreis jener jungen Thailänder, die offen eine umfassende Reform der Monarchie einfordern, sie sind dafür oft auf die Straße gegangen, weshalb der Staat sie strafrechtlich verfolgt. Der jungen Frau wurde Majestätsbeleidigung in mindestens zwei Fällen vorgeworfen. Am 26. Januar kam sie in Haft. Als das Gericht einen Antrag auf Freilassung auf Kaution ablehnte, trat sie nach Angaben von Anwälten in Bangkok am darauffolgenden Tag in den Hungerstreik.
Bung soll am Morgen des 14. Mai im Gefängnishospital leblos aufgefunden worden sein. Der Gefängnisbehörde zufolge wurde bei ihr Herzstillstand festgestellt. Sie kam dann noch kurzzeitig in das Thammasat University Hospital, doch auch dort konnte sie niemand mehr retten. Alle Versuche, sie wiederzubeleben, seien erfolglos geblieben, hieß es. Um 11.22 Uhr wurde die junge Frau für tot erklärt. Ihr Leichnam sollte daraufhin obduziert werden, berichteten thailändische Medien.
Die 28-Jährige war nach Berichten aus Bangkok mindestens 110 Tage lang im Hungerstreik. In einer Erklärung der Behörden, aus der die Nachrichtenplattform Khaosod zitierte, hieß es, die Frau habe nach dem 4. April wieder angefangen zu essen.
Auf Kritik am Königshaus steht eine langjährige Freiheitsstrafe
Thailand hält, trotz wachsender Spannungen, seit Jahren an seinem drakonischen Strafrechtsparagrafen 112 fest, der Kritik am Königshaus und dessen Mitgliedern unter langjährige Freiheitsstrafen stellt. Für jeden Vorwurf können Gerichte bis zu 15 Jahre Haft verhängen. Netiporn Sanesangkhom, Tochter eines Richters und Tutorin, musste sich wegen zwei solcher Fälle angeblicher "lèse majesté" verantworten. Unter anderem wurde ihr vorgeworfen, dass sie im Jahr 2020 eine Umfrage mit gestartet hatte, was die Leute über die königlichen Wagenkolonnen im Stadtverkehr denken.
Befürworter und Kritiker der Monarchie hatten damals zu Straßenprotesten und Demonstrationen in Bangkok aufgerufen. Ein Konvoi mit Königin Suthida wurde im Oktober 2020 von Demonstranten bedrängt, die den Drei-Finger-Gruß zeigten, eine Anspielung auf das Protestzeichen aus der Filmreihe "Tribute von Panem".
"Netiporns tragischer Tod in Haft zeigt, wie brutal die Bestrafung für Majestätsbeleidigung noch immer ist", sagte Sunai Phasuk, der für Human Rights Watch über Thailand arbeitet, dem Magazin Time. Auch nach dem Ende der Militärregierung und dem Antritt des neuen Premiers Srettha Thavisin bleibe Thailand ein repressiver Staat, ohne Respekt für die Freiheiten derer, die die Monarchie herausfordern.
Laut Recherchen der Gruppe Thai Lawers for Human Rights (TLHR) sind allein seit dem Jahr 2020 mehr als 300 Verfahren wegen Lèse-Majesté-Vorwürfen in Thailand eingeleitet worden, fast 2000 wegen politischer Äußerungen seit Beginn der Jugendproteste vor vier Jahren.