Glosse:Das Streiflicht

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Die Rocksängerin Sheryl Crow hat aus Protest gegen Elon Musk ihren Tesla verkauft. Ob Trumps Hilfssheriff dadurch zur Raison zu bringen ist? Nun, den Versuch war es wert.

(SZ) Es war in der Frühzeit des Kalten Krieges, im Jahr 1950, als Friedrich Torberg in der Wochenschrift Hier und Heute einen „Satz der Woche“ las, der ihn höchlich irritierte. Der Satz, angeblich von einem „unbekannten GI“ stammend, lautete folgendermaßen: „We can’t fight Karl Marx with Coca-Cola.“ Bei aller Abneigung gegen Coca-Cola, das er „für eine Art moussierender Jodtinktur“ hielt, fand Torberg, dass man Marx sehr wohl damit bekämpfen könne. Und warum? Weil das Getränk das Sinnbild eines Lebensstandards sei, den der Kommunismus den Massen immer nur verspreche und den die Demokratie ihnen liefere. Und, schloss Torberg, was Coca-Cola zu einem „demokratischen Symbol par excellence“ mache: Wer nicht wolle, müsse es nicht trinken.

Ohne Elon Musk im Geringsten mit Karl Marx vergleichen zu wollen, lässt sich derzeit beobachten, dass er gewissermaßen mit Coca-Cola bekämpft wird. Die Aktionen folgen dem alten Muster, wonach man den Sack schlägt und den Esel meint, was in diesem Fall bedeutet, dass man Musk zu treffen hofft, wenn man dem Tesla eins überbrät. Die Auseinandersetzung ist vergleichsweise neu, doch lassen sich schon jetzt zwei Hauptstrategien unterscheiden. Auf der einen Seite haben wir die Leute, die Musk nicht mögen, den Tesla aber sehr wohl. Für sie wurden UV-beständige und waschstraßenfeste Aufkleber mit Texten wie „Ich habe es gekauft, bevor er verrückt wurde“ entwickelt, die „Humor und Haltung“ auf die Straße bringen sollen. Auf der anderen Seite überwiegt die Haltung den Humor ganz deutlich, denn hier trennt man sich von seinem Tesla. Jüngster Fall: die Rocksängerin Sheryl Crow, die ihren Tesla abholen ließ und die Aktion mit Bocellis „Time to Say Goodbye“ unterlegte. Der Erlös kommt dem National Public Radio (NPR) zugute, dem Trumps Hilfssheriff die staatlichen Gelder kürzen will.

Man könnte jetzt einwenden, dass Elon Musk das an Crows Tesla verdiente Geld ja leider nicht mehr genommen werden könne. Das ist richtig, ändert aber nichts an der in allen Lebenslagen erprobten und für wirksam befundenen Strategie der kleinen, ständig wiederholten Nadelstiche. Militärwissenschaftlich gesehen haben wir es hier mit einer speziellen Art von asymmetrischer Kriegführung zu tun. Zu frühem Ruhm kam diese Taktik im Jahre 9 nach Christus, als der Cherusker Arminius die überlegenen Römer durch ständiges Zurückweichen sowohl in den Teutoburger Wald als auch in ihren Untergang laufen ließ. Das kann man mit Musk natürlich nicht eins zu eins nachstellen, aber einer wie er ist über den Tesla auf Dauer zumindest in seinem überbordenden Selbstwertgefühl zu treffen. Und was macht er dann? Da sein Auto nach dem Erfinder Nikola Tesla benannt ist, könnte er tun, was dieser nachts zu tun pflegte: Er knetete intensivst seine Zehen. Soll den Kopf hell machen.

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