Terror in Spanien:Was wir wissen - und was nicht

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13 Menschen wurden getötet und 130 verletzt. Unter den Verletzten sind 13 Deutsche, zwei von ihnen schweben noch immer in Lebensgefahr.

Einen Tag nach dem Terroranschlag in Spanien erhärten sich die Hinweise, dass es einen Zusammenhang zwischen den verschiedenen Vorfällen der letzten Tage in Katalonien gibt: Der Anschlag auf der wichtigsten Touristenmeile Barcelonas, eine gewaltige Explosion in einem Haus in Alcanar 200 Kilometer südlich und ein Anti-Terror-Einsatz in dem Küstenort Cambrils, bei dem fünf mutmaßliche Terroristen getötet wurden. Nun fragen sich Polizei, Regierung und Terrorexperten: War der Anschlag von Barcelona von langer Hand geplant? Steckt möglicherweise eine Terrorzelle des "Islamischen Staats" hinter dem Angriff? Und hatten die Täter vielleicht einen noch viel größeren Anschlag geplant? Eine Übersicht über das, was schon gesichert ist und diejenigen Punkte, die erst noch aufgeklärt werden müssen.

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Barcelona: Der Anschlag mit dem Lieferwagen

Was wir wissen

  • Auf Barcelonas zentraler Flaniermeile Las Ramblas ist ein weißer Lieferwagen in eine Menschenmenge gerast. Augenzeugen zufolge ist der Fahrer absichtlich Zickzack gefahren, um möglichst viele Menschen zu erfassen.
  • 13 Menschen wurden getötet und 130 verletzt, 17 von ihnen schwer. Nach vorläufigem Stand stammen die Opfer aus 34 Ländern. Unter den Verletzten sind 13 Deutsche, wie das Auswärtige Amt bestätigte. Zwei von ihnen schweben in Lebensgefahr.
  • Wenige Stunden nach der Tat hat die Terrormiliz IS den Anschlag über ihre Propagandaagentur Amaq für sich reklamiert.
  • Der Fahrer des Lieferwagens konnte fliehen, die Polizei sucht nach ihm - entgegen vorheriger Annahmen ist er offenbar nicht erschossen worden. Ein zweiter Lieferwagen, mit dem der oder die Attentäter womöglich fliehen wollten, wurde etwa 70 Kilometer nördlich von Barcelona in der Stadt Vic gefunden.
  • Im Zusammenhang mit der Tat wurden vier Personen festgenommen, zwei in Ripoll nördlich von Barcelona, einer in Alcanar 200 Kilometer südlich. Einer der beiden in Ripoll Festgenommenen soll den Lieferwagen angemietet haben. Am Freitagmittag nahm die katalanische Polizei eine vierte Person fest.

Was wir nicht wissen

  • Ob in Katalonien tatsächlich eine koordinierte Zelle des IS aktiv war, ist unsicher. Die Terrormiliz hat in der Vergangenheit auch Anschläge für sich beansprucht, die sie nicht selbst geplant hat, die aber von Einzeltätern "im Namen des IS" ausgeführt wurden.
  • Unklar ist auch der Hintergrund des Mannes, der angeblich den Lieferwagen angemietet hat. Spanische Medien schrieben, es handle sich um einen marokkanischen Staatsbürger, der legal in Spanien lebe. Sie nannten auch einen Namen. Der Zeitung La Vanguardia zufolge hat sich in der vermeintlichen Heimatstadt des Tatverdächtigen ein Mann mit diesem Namen bei den Behörden gemeldet und erklärt, ihm seien Ausweisdokumente gestohlen worden.
  • Ebenfalls unklar ist, ob ein toter Mann in einem Auto, der in der Region Sant Just Desvern unweit von Barcelona, gefunden wurde, etwas mit dem Anschlag zu tun hat. Mit dem Auto war eine Person vor einer Polizeikontrolle geflohen, dabei fielen auch Schüsse.

Was wir wissen

  • In der Nacht zum Freitag kam es zwischen 1.30 Uhr und 2 Uhr im katalanischen Küstenort Cambrils, etwa 100 Kilometer südlich von Barcelona, zu einem weiteren Anti-Terror-Einsatz.
  • Fünf Verdächtige wurden dabei getötet. Vier von ihnen wurden vor Ort von Polizeibeamten erschossen, einen Verdächtigen nahmen die Beamten fest. Er erlag später seinen Verletzungen.
  • In Cambrils ist sind sechs Passanten und ein Polizist verletzt worden. Eine Frau ist inzwischen an ihren Verletzungen gestorben.
  • Die Verdächtigen sollen Objekte bei sich geführt haben, die wie Sprengstoffgürtel aussahen - diese haben sich nach Behördenangaben inzwischen jedoch als Attrappen herausgestellt.

Was wir nicht wissen

  • Die Polizei hat noch keine exakten Angaben darüber gemacht, wie die Männer aus Cambrils mit dem Anschlag in Barcelona in Verbindung stehen. Es gibt Vermutungen über eine Terrorzelle, der insgesamt bis zu zwölf Personen angehört haben sollen.
  • Über den Hergang des Ereignisses gibt es unterschiedliche Angaben. Einige Medien berichten, die mutmaßlichen Terroristen hätten mehrere Zivilisten mit einem Auto überfahren. Die Polizei habe das Auto verfolgt, dabei sei das Fahrzeug umgekippt. Die Terrorverdächtigen hätten versucht zu fliehen und die Beamten daraufhin das Feuer eröffnet. In anderen Medienberichten hieß es, das Auto sei in ein Polizeifahrzeug und eine Menschenmenge gefahren, die Polizisten hätten daraufhin die Angreifer erschossen.

Was wir wissen

  • Um 23.17 Uhr am Mittwochabend gab es in dem Ort Alcanar, einer kleinen Küstenstadt etwa 200 Kilometer südlich von Barcelona, eine gewaltige Explosion.
  • Ein Haus stürzte infolge der Detonation ein, in den Trümmern fand die Polizei eine Leiche und eine weitere schwerverletzte Person. Diese wurde in ein Krankenhaus gebracht und ist inzwischen außer Lebensgefahr, wie El País berichtet.
  • Mehrere weitere Häuser in der Siedlung wurden beschädigt, es gab auch weitere Verletzte. Die durch die Explosion ausgelöste Druckwelle war kilometerweit zu spüren.
  • Die Feuerwehr ging zunächst von einer gewöhnlichen Gasexplosion aus, doch die Polizei entdeckte in der zerstörten Finca etwa 20 Butan- und Propangasflaschen, an denen offensichtlich manipuliert worden war.
  • Die Ermittler gehen mittlerweile davon aus, dass die Ereignisse in Alcanar mit dem Anschlag in Barcelona in Zusammenhang stehen.
  • Bestätigt ist auch, dass in Alcanar ein Verdächtiger festgenommen wurde. Ein weiterer Mann wurde in Tortosa, etwa 40 Kilometer von Alcanar entfernt, festgenommen. Er soll bei der Explosion in der Nacht zum Donnerstag verletzt worden sein.

Was wir nicht wissen

  • Bisher ist unklar, was genau die Männer in dem Haus in Alcanar planten. Der katalanische Polizeichef sagte am Freitagmittag: "Wir gehen davon aus, dass die Täter die beiden Anschläge bereits seit einiger Zeit in dem Haus in Alcanar vorbereitet haben."
  • Die Polizei hat bisher nicht mitgeteilt, ob es sich bei dem Festgenommenen um die in dem zerstörten Haus aufgefundene verletzte Person handelt.
  • Lediglich Gerüchte gibt es darüber, wer in den vergangenen Monaten in der Finca wohnte: Nachbarn erzählten von einer Hausbesetzung und zwei marokkanischen Brüdern, die sich dort aufgehalten haben sollen.
© SZ.de/AFP/dpa/Reuters/olkl/bemo - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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