Süddeutsche Zeitung

Terrorismus:"Gewalt mitten im Frieden"

NSU, Hanau, Breitscheidplatz - diese Namen stehen stellvertretend für Attentate mit vielen Toten und Verletzten. Ein neuer Gedenktag erinnert an die Opfer.

Terroropfern ist am Freitag erstmals in Deutschland ein neuer Gedenktag gewidmet worden. Auf der zentralen Feier haben Vertreter des Bundes einen sensibleren Umgang mit Betroffenen angemahnt. Sie wolle, dass Betroffene und deren Familien mit mehr Empathie behandelt werden, sagte Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD). Die Erfahrungen bislang zeigten, dass Bedürfnisse von Opfern nicht immer befriedigt worden seien, sagte der Präsident des Bundesverfassungsgerichts, Stephan Harbarth, in der online übertragenen Gedenkstunde im Berliner Kronprinzenpalais, die wegen der Corona-Pandemie ohne Gäste und auch ohne Betroffene selbst stattfand.

"Auf dieses Gedenken haben viele Betroffene lange gewartet", sagte der Beauftragte der Bundesregierung für die Anliegen von Betroffenen terroristischer und extremistischer Anschläge im Inland, Pascal Kober. Er dankte Betroffenen, die sich trotz des eigenen Leids auch im allgemeinen Interesse für Verbesserungen eingesetzt hätten. Terroranschläge seien Angriffe auf die freie Gesellschaft, betonte Kober. Diejenigen, die durch solche Anschläge Leid erfahren, "werden stellvertretend für uns alle getroffen".

"Viele kämpfen sich mit großer Kraft zurück ins Leben", sagte Faeser

Faeser und Harbarth erinnerten in ihren Reden an die große Zahl von Terroranschlägen aus rassistischen, antisemitischen, linksextremistischen oder islamistischen Motiven. Sie verwiesen auf die Opfer der rechtsextremen Terrorzelle NSU, der RAF, des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Berlin und die rassistischen Morde von Hanau vor zwei Jahren. "Viele kämpfen sich mit großer Kraft zurück ins Leben", sagte Faeser (SPD). "Wir dürfen sie dabei nicht alleine lassen." Alle Attentate wirkten bis heute nach und ließen den Betroffenen keine Ruhe, sagte Faeser. Der Staat schulde ihnen auch eine transparente und lückenlose Aufklärung des Tatgeschehens und seiner Hintergründe. Harbarth sprach von einem "überfälligen, richtigen und wichtigen Signal". Der Terrorismus habe eine lange Spur gezogen - in der Welt, in Europa und auch in Deutschland.

Die Historikerin Petra Terhoeven sagte, derzeit würden viele Menschen an die Opfer des Kriegs in der Ukraine denken. Am Gedenktag für die Terroropfer erinnere man an Menschen, "über die die Gewalt mitten im Frieden kam", sagte die Wissenschaftlerin, die zu Ursachen, Folgen und Opfern von Terror forscht. Das Bundeskabinett hatte Mitte Februar beschlossen, den europäischen Gedenktag für die Opfer terroristischer Gewalt am 11. März fortan auch national zu begehen. Das Datum erinnert an die verheerenden Anschläge in Zügen in Madrid im Jahr 2004.

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