Süddeutsche Zeitung

Terrorismus:Verfassungsschutz dementiert Bericht über Atomforschungszentrum Jülich

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Der Verfassungsschutz hat einen Bericht über Unterlagen zum deutschen Atomforschungszentrum Jülich beim mutmaßlichen Paris-Attentäter Salah Abdeslam dementiert. "Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat keine Erkenntnisse darüber, dass in der Wohnung des Paris-Attentäters Saleh Abdeslam Unterlagen über das Atomforschungszentrum Jülich gefunden wurden", erklärte die Behörde. Verfassungsschutzchef Hans-Georg Maaßen habe dazu auch "keine Gespräche mit Mitgliedern des Parlamentarischen Kontrollgremiums geführt".

Das Redaktionsnetzwerk Deutschland hatte zuvor gemeldet, dass der an den Pariser Anschlägen beteiligte Salah Abdeslam Unterlagen zum nordrhein-westfälischen Atomforschungszentrum Jülich in seiner Wohnung aufbewahrt haben soll. Neben ausgedruckten Internet-Artikeln zu der Kernforschungsanlage seien auch Fotos von deren Vorstandschef Wolfgang Marquardt gefunden worden, berichteten die Zeitungen des Redaktionsnetzwerks Deutschland, wie etwa die Hannoversche Allgemeine. Der Bericht beruft sich auf Mitglieder des Parlamentarischen Kontrollgremiums.

Laut dem RND-Bericht soll Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen mehrere Mitglieder des Bundestags-Kontrollgremiums Ende März in streng vertraulichen Vier-Augen-Gesprächen über den Fund in Abdeslams Wohnung unterrichtet haben. Kanzleramt und Innenministerium erklärten demnach, keine Informationen zu dem Sachverhalt zu haben.

In seiner Wohnung in der als Islamistenhochburg geltenden Brüsseler Gemeinde Molenbeek war der Franzose Abdeslam kurz vor den Brüsseler Anschlägen vom 22. März auf den Flughafen und eine U-Bahn-Station gefasst worden. Abdeslam gilt als Schlüsselfigur bei den Ermittlungen zur Pariser Terrorserie mit 130 Todesopfern am 13. November 2015. Sein Bruder Brahim sprengte sich damals als Selbstmordattentäter in die Luft.

Auch belgische Atomforscher womöglich ausspioniert

Nach den Bombenexplosionen in Brüssel mit 32 Todesopfern war berichtet worden, die Attentäter hätten auch einen belgischen Atomforscher ausspioniert und Filmaufnahmen seiner Wohnung gehabt. In der Folge wurde darüber spekuliert, dass von dem observierten Fachmann womöglich radioaktives Material für eine sogenannte schmutzige Bombe erpresst werden sollte.

Unmittelbar nach den Brüsseler Anschlägen wurden zudem im belgischen Atomkraftwerk Tihange alle Mitarbeiter, die nicht unbedingt gebraucht wurden, nach Hause geschickt. Angeblich sollte so das Risiko minimiert werden, dass sich gefährliche Personen auf dem Gelände aufhalten. Bekannt wurde auch, dass ein Dschihadist als Mitarbeiter einer externen Dienstleistungsfirma jahrelang im Hochsicherheitsbereich des belgischen Kernkraftwerks Doel arbeitete, bevor er als IS-Kämpfer nach Syrien reiste und dort ums Leben kam.

Die Sicherheit von Atomkraftwerken in Deutschland

Die deutschen Atomkraftwerke sind nach Darstellung des Bundesumweltministeriums zwar umfassend gegen Störmaßnahmen oder sonstige Einwirkungen Dritter geschützt, zu denen auch Terrorangriffe zählen. Aus Sicht der Umweltorganisation BUND hingegen sind die Meiler nicht ausreichend gegen Terrorangriffe abgesichert. So schütze die vorgesehene Vernebelung der Gebäude, die gezielte Attacken aus der Luft verhindern soll, die Reaktoren nur minimal.

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