Terrorismus:Rätsel um Karlsruher Terrorverdächtigen

Bundesgerichtshof Karlsruhe

Dasbar W. wird am 21. Dezember auf dem Gelände des Bundesgerichtshof in Karlsruhe von Polizeieinheiten aus einem Fahrzeug geführt.

(Foto: dpa)

Ein V-Mann belastet Dasbar W. schwer: Er soll vom IS Befehle für einen Anschlag erhalten haben. Zuvor jedoch hatte W. seinerseits den V-Mann angezeigt - als gewaltbereiten Islamisten.

Von Georg Mascolo und Ronen Steinke, Berlin

Der Fall eines 29-Jährigen, der kurz vor den Festtagen wegen eines möglichen Anschlags auf den Karlsruher Weihnachtsmarkt verhaftet worden war, gibt Rätsel auf. Nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR wird Dasbar W., ein Deutscher irakisch-kurdischer Herkunft, vor allem durch die Aussagen eines V-Mannes des Landeskriminalamtes Baden-Württemberg belastet. Diesen soll er bei einem Lehrgang für Gabelstaplerfahrer kennengelernt und sich ihm anvertraut haben. Doch an der Glaubwürdigkeit dieses V-Mannes bestehen Zweifel.

Nach Aussagen des V-Mannes berichtete Dasbar W., den Auftrag für einen Anschlag direkt von einem hochrangigen Funktionär des sogenannten IS erhalten zu haben - im Haftbefehl des Bundesgerichtshofs ist von einem "IS-General" die Rede. Dieser habe früher bereits im Generalsrang dem irakischen Diktator Saddam Hussein gedient. Dasbar W. habe zudem gesagt, direkt mit dem IS-Mann in Verbindung gestanden zu haben, dieser habe ihn auch finanziell unterstützt. Zunächst sei es um Pläne für einen Anschlag in Belgien oder Frankreich gegangen. Auch aus Angst vor Repressalien des IS gegen noch im Irak lebende Familienmitglieder habe Dasbar W. einen Anschlag begehen wollen. Die Ermittler gehen dem Verdacht nach, dass eine Eislaufbahn nahe dem Karlsruher Schloss das Ziel gewesen sein könnte. Dasbar W. soll sich bei Paketdiensten als Fahrer beworben haben, um womöglich an ein Fahrzeug für die Attacke zu kommen.

Ungewöhnlich an dem Vorgang ist allerdings, dass Dasbar W. den V-Mann bereits seinerseits Ende November bei der Polizei angezeigt hatte. In einer Vernehmung bei der Karlsruher Polizei sagte er am 27. November, er habe einen Bekannten, dem er einen Anschlag zutraue. Als mögliches Ziel nannte er den Karlsruher Weihnachtsmarkt. Sein Verteidiger Marc Jüdt versicherte SZ, NDR und WDR, dass sein Mandant die Vorwürfe bestreite; er habe keinerlei Pläne für einen Anschlag gehabt. Noch am Morgen seiner Festnahme sei er erneut bei der Polizei gewesen, um gegen den V-Mann auszusagen.

Nach den bisherigen Ermittlungen wird Dasbar W. vor allem, aber nicht nur, durch die Aussagen des V-Mannes belastet. So soll abgehörte Kommunikation belegen, dass er Propaganda-Videos für den IS erstellt und verbreitet hat. Zudem sollen in seiner Wohnung abgehörte Gespräche belegen, dass er auch über Schusswaffen und Bomben sprach. Auch der BND hat offenbar Informationen, wonach Dasbar W. Kontakt zum IS suchte. Baden-Württembergs Innenminister Thomas Strobl (CDU) sprach nach der Festnahme von einer "sehr ernsten Bedrohung". Die Aussagen gegen den V-Mann werten die Ermittlungsbehörden dagegen als Versuch der Irreführung. Womöglich habe Dasbar W. erkannt, dass dieser ein V-Mann sei und dann versucht, den Verdacht von sich abzulenken.

Von den weiteren Ermittlungsergebnissen wird nun abhängen, ob der Fall womöglich als verhinderter Terrorakt gezählt wird. In diesem Jahr zählen die Sicherheitsbehörden drei verhinderte und einen erfolgten islamistischen Anschlag.

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