Terrorismus:Was über die gestohlenen Pässe aus der IS-Hochburg bekannt ist

Syrischer Pass

Ein syrischer Pass, heiß begehrte Ware auf dem Schwarzmarkt: Auch der IS ist in Besitz solcher Dokumente.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)
  • Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) zufolge gebe es einen "Anfangsverdacht" gegen einige untergetauchte Flüchtlinge, die womöglich IS-Kämpfer mit gefälschten syrischen Pässen sein könnten.
  • Der IS soll in Syrien, im Irak und in Libyen in mehreren Städten die offiziellen Behörden übernommen und zahlreiche echte Passdokumente erbeutet haben.
  • Auch die EU-Grenzschutzagentur Frontex warnt vor gefälschten und gestohlenen Pässen.

Schickt die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) Kämpfer mit erbeuteten Blanko-Pässen nach Europa? Die Politik reagiert unterschiedlich auf entsprechende Medienberichte. Während Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU) bestätigt, dass in Deutschland Flüchtlinge mit falschen syrischen Pässen untergetaucht seien, warnt Nordrhein-Westfalens Innenminister Ralf Jäger (SPD) davor, alle syrische Flüchtlinge unter Generalverdacht zu stellen. "Gerade weil der IS in der Lage ist, solche Pässe auszustellen, werden sich mögliche Kämpfer nicht auf den beschwerlichen Weg der Balkanroute machen, sondern Business Class nach Europa fliegen", sagte Jäger am Dienstag.

Zuvor hatte Herrmann davon gesprochen, es gebe bei einigen untergetauchten Flüchtlingen einen "Anfangsverdacht" auf Kontakte zum IS. Die Bild-Zeitung hatte berichtet, dass die betreffenden Pässe aus der gleichen Quelle stammen wie jene zweier IS-Attentäter von Paris. Der CSU-Politiker sagte am Dienstag, den Bundessicherheitsbehörden zufolge seien im Oktober und November "weitere Personen" eingereist, deren Reisepässe ähnliche Seriennummern hätten wie syrische Pässe, die vom IS erbeutet worden seien.

Es soll sich um ein Dutzend Personen handeln. "Das weiß man, weil man damals Kopien dieser Pässe gemacht hat." Auch bei zwei Pariser Attentätern seien Pässe aus einer solchen Serie gefunden worden. Herrmann betonte: "Ein Anfangsverdacht, dass es sich da um weitere Leute, die auch vom IS geschickt worden sind, handeln könnte, der liegt natürlich nahe; er muss zumindest aufgeklärt werden." Leider wisse man aber im Moment nicht, wo die betreffenden Flüchtlinge nun seien.

Gestohlene Original-Pässe aus der IS-Hochburg Raqqa

Bei den Dokumenten handele es sich um gestohlene Original-Pässe aus der IS-Hochburg Raqqa, die von Fälschern auf andere Identitäten ausgestellt worden seien. Die Pässe seien vor den Anschlägen vom 13. November bei der Einreise nach Deutschland vorgezeigt und kopiert worden, schreibt die Bild-Zeitung. Fingerabdrücke der echten oder vermeintlichen Flüchtlinge seien aber nicht genommen worden. Die Behörden wüssten auch nicht, wo die Eingereisten sich jetzt aufhielten. Die beiden Pariser Selbstmordattentäter, um deren Pässe es geht, waren auf dem Weg nach Frankreich auf der griechischen Insel Leros kontrolliert worden.

Die Terrororganisation IS hat in Syrien, im Irak und in Libyen in mehreren Städten die offiziellen Behörden übernommen und zahlreiche echte Passdokumente erbeutet, der Welt am Sonntag zufolge mutmaßlich Zehntausende. Bereits im März war berichtet worden, dass dem IS in Raqqa 3800 syrische Blanko-Reisepässe in die Hände gefallen seien. Das hatte das Bundeskriminalamt (BKA) bestätigt.

Die mit der Überwachung illegaler Einwanderung beauftragte EU-Grenzschutzagentur Frontex hatte erst am Wochenende vor Gefahren wegen gefälschter oder gestohlener Pässe gewarnt. Die Beamten kontrollierten zwar sehr genau, ob Flüchtlinge möglicherweise mit falschen Papieren einreisten, sagte Frontex-Chef Fabrice Leggeri. "Dennoch ist die Aussagekraft von Flüchtlingspässen aus unserer Sicht sehr begrenzt", so Leggeri. In einem Bürgerkriegsland wie Syrien könne schließlich niemand garantieren, "dass die Dokumente, die echt aussehen, auch wirklich von einer offiziellen Behörde ausgestellt wurden oder wirklich von dem rechtmäßigen Inhaber mitgeführt werden".

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