Ludmilla S. meint es ernst mit ihrem heiligen Krieg. Es gibt Bilder von ihr, da zeigt sie sich mit einer Handgranate. Und sie hat noch mehr zu bieten: ein Schnellfeuergewehr zum Beispiel, eine AK 47. Ludmilla S. ist in Kasachstan geboren und in Deutschland aufgewachsen, sie hat zwei Pässe. Die Bundesanwaltschaft führt gegen die 31 Jahre alte Dschihadistin nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, WDR und NDR seit diesem Frühjahr ein Ermittlungsverfahren: wegen des Verdachts, Mitglied einer terroristischen Vereinigung zu sein.
Ludmilla S. ist eine von etwa 100 deutschen Frauen, von denen die deutschen Sicherheitsbehörden wissen, dass sie nach Syrien und in den Irak ausgereist sind, um sich Terrormilizen anzuschließen. Während zuletzt die große Mehrheit der jungen Frauen sich der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), dem selbsternannten Kalifat, angeschlossen haben, hat Ludmilla S. Sympathien für eine konkurrierende Gruppe. Diese nennt sich Dschunud al Scham, auf Deutsch: Soldaten Syriens. Auch sie kämpft gegen das Assad-Regime.
Mitunter reisen Mütter mit ihren Kindern aus
Nach Syrien zieht es seit Monaten immer mehr Frauen. Noch im vergangenen Herbst war von 40 Frauen zu lesen - jetzt sind es sogar nach offiziellen Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz 100 Frauen. Tatsächlich dürfte die Zahl größer sein. Erfasst werden nur Mädchen, die mindestens 14 Jahre alt sind. Und erfasst werden nur diejenigen, die von ihren Familien als vermisst gemeldet werden.
Mitunter reisen, wie im Fall Ludmilla S., Mütter mit Kindern aus, die aus der Statistik herausfallen. Und wenn Familien selbst mit dem IS und anderen Terrororganisationen sympathisieren, melden sie mitunter gar nicht, wenn das Kind sich entschließt, sich der Organisation anzuschließen.
Die Ausreise von Ludmilla S. hat viele Besonderheiten. Eine davon ist, dass Ludmilla S. nicht ins Ungewisse reist, nicht in ein Frauenhaus in der syrischen Stadt Raqqa, in dem ihr dann ein fremder Ehemann zugeteilt wird wie vielen der anderen ausreisenden Mädchen.
Auf Ludmilla wartete bereits ein Dschihadist aus Tschetschenien
Ludmilla S. reist im vergangenen Sommer gemeinsam mit ihren drei kleinen Kindern über Istanbul und Hatay in der Türkei nach Syrien. Dort erwartet sie bereits ein Kämpfer: ein Mann, der ebenfalls aus Deutschland stammt, Rachid E.M.A., gegen den die Bundesanwaltschaft ebenfalls ermittelt. Seitdem leben S. und ihre Kinder mit diesem Kämpfer in der unmittelbaren Nähe des Emirs, des Chefs von Dschunud al Scham, der den Kampfnamen Abu Walid trägt, der Zusatz "al Schischani" steht für dessen tschetschenische Herkunft.
Es ist ein Mann, der vor der Gründung des Kalifats mit den höchsten Chargen des heutigen IS Seite an Seite kämpfte; einvernehmlich planten sie den sogenannten Heiligen Krieg in Syrien. Und Dschunud al Scham überwarf sich mit diesen erst, als der Anführer des IS, Abu Bakr al Baghdadi, vor einem Jahr das Kalifat ausrief.