Süddeutsche Zeitung

Terrorgruppe in Westafrika:Kamerunische Armee befreit Boko Haram-Geiseln

  • Der kamerunischen Armee ist es gelungen, mindestens 20 Boko-Haram-Geiseln zu befreien. Der Großteil der Geiseln ist aber immer noch in der Gewalt der Miliz.
  • Boko Haram hatte zuvor Dutzende Menschen an der nigerianisch-kamerunischen Grenze entführt, vor allem Jugendliche und Kinder.
  • Westafrikanische Länder planen eine Eingreiftruppe, da Boko Haram sich in immer mehr Länder ausdehnt. Deutschland sagt finanzielle und logistische Hilfe zu.

Kamerunische Armee befreit einige Geiseln

Einige der mindestens 60 Geiseln, die Boko Haram an der kamerunisch-nigerianischen Grenze gefangen genommen hatte, sind wieder in Freiheit. Kamerunische Soldaten hätten die Angreifer von Boko Haram auf deren Weg zurück nach Nigeria verfolgt, sagte ein Sprecher des Verteidigungsministeriums in der kamerunischen Hauptstadt Yaounde. Dabei sei es gelungen, etwa 20 Menschen zu befreien. Nach Angaben von Kameruns staatlichem Rundfunk habe Boko Haram die Geiseln freigelassen. Die Rebellen seien aber mit den restlichen Gefangenen nach Nigeria entkommen.

Hunderte Kämpfer der Boko Haram hatten am Sonntag zwei Dörfer im kamerunischen Bezirk Mokolo nahe der Grenze zu Nigeria überfallen. Sie brannten die Dörfer nieder, töteten mehrere Bewohner und nahmen Dutzende Menschen als Geiseln.

Ausbreitung nach Kamerun und in den Tschad

Boko Haram verübt seit etwa einem Jahr auch verstärkt über Nigerias Grenze hinweg Angriffe. Zahlreiche Menschen flüchten außerdem vor der Terrorgruppe in den Tschad, nach Kamerun oder Niger. Die jüngste Geiselnahme, bei der vor allem Kinder und Jugendliche verschleppt worden sein sollen, war der bislang schwerste Zwischenfall auf kamerunischem Boden. Am Wochenende traf deshalb aus dem Tschad ein Armeekontingent im Norden Kameruns ein, um beim Kampf gegen die Extremisten zu helfen.

Deutschland will sich an Eingreiftruppe beteiligen

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat den westafrikanischen Ländern Unterstützung beim Aufbau einer regionalen Eingreiftruppe gegen Boko Haram zugesichert. "Wenn wir gebeten werden, auch etwas finanziell zu tun und das zu unterstützen, dann werden wir das natürlich tun", sagte Merkel nach einem Treffen mit dem ghanaischen Präsidenten John Dramani Mahama, der zurzeit Vorsitzender der westafrikanischen Staatengruppe Ecowas ist. Merkel kündigte EU-Beratungen über eine mögliche Hilfe an. Sie sei an einer "nachhaltigen Finanzierung" einer solchen afrikanischen Eingreiftruppe interessiert.

An eine militärische Unterstützung der EU-Staaten im Kampf gegen Boko Haram werde derzeit aber nicht gedacht. "Zu diesem Zeitpunkt gibt es keinen Bedarf, dass europäische Truppen angefordert werden sollten", sagte Mahama. "Aber sicher wäre logistische Hilfe wichtig."

Merkel wies den Vorwurf zurück, dass sie Terror in Afrika weniger wichtig nehme als den in Paris, wo vergangene Woche bei islamistischen Anschlägen 17 Menschen starben. "Der Terrorismus ist überall gleich schlimm", sagte sie. Ein militärisches Eingreifen von EU-Staaten sei aber derzeit nicht einmal in der Planung der Afrikanischen Union (AU). Mahama kündigte an, dass sich die AU Ende des Monats mit dem Thema beschäftigen werde. Die afrikanischen Staaten diskutieren auch ein UN-Mandat für ein militärisches Eingreifen gegen Boko Haram, weil das Vorrücken der Miliz mittlerweile mehrere Länder betrifft.

Boko Haram planen "Gottesstaat" in der Region

Boko Haram kämpft seit etwa sechs Jahren für die Errichtung eines islamischen Gottesstaats im mehrheitlich muslimischen Norden Nigerias an der Grenze zum Tschad, Kamerun und Niger. Boko Haram hat in den vergangenen Jahren häufig vor allem junge Menschen verschleppt. Jungen wurden Sicherheitsexperten zufolge als Kämpfer zwangsrekrutiert, Mädchen in die Sexsklaverei gezwungen. International schockierte insbesondere die Verschleppung von 200 Schülerinnen im April. Gleichzeitig verübt die Miliz immer wieder schwere Anschläge.

Am Sonntag wurden im Nordosten Nigerias bei einem Selbstmordangriff vier Menschen getötet und 35 verletzt, wie die Polizei mitteilte. Zu der Tat bekannte sich zunächst niemand. Der Verdacht fiel aber auch diesmal auf Boko Haram. Tage zuvor hatte Boko Haram ebenfalls im Norden des Landes eine Großoffensive durchgeführt. Dabei sind mehrere Ortschaften angegriffen worden. Die Zahl der Opfer ist bis heute nicht geklärt. Während der britische Sender BBC von 2000 möglichen Todesopfern sprach, berichtete die Nachrichtenagentur Reuters mehr als 100 Toten.

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