Terroranschlag in Glasgow:Geländewagen rast in Flughafen - höchste Alarmstufe in Großbritannien

Einen Tag nach den verhinderten Anschlägen in London rasen zwei Männer mit einem brennenden Geländewagen in den Flughafen Glasgow. Der Vorfall steht nach Ansicht der Polizei in Verbindung mit Terrorplänen von London. Die Regierung hat die Terror-Warnung auf die höchste Stufe gesetzt.

Der Wagen fuhr mit hoher Geschwindigkeit auf das Hauptterminal zu und explodierte, wie Augenzeugen berichteten. Die Polizei nahm zwei Männer fest. Der Flughafen in Schottland wurde evakuiert und alle Verbindungen wurden abgesagt.

Nach Ansicht der Polizei steht der Vorfall in Verbindung mit Terrorplänen von London. Zuvor war lediglich von "möglichen terroristischen Verbindungen" die Rede gewesen.

"Es gibt eindeutige Gemeinsamkeiten", sagte der Polizeichef der schottischen Region Strathclyde, Willie Rae. Einer der beiden Festgenommenen habe ein "verdächtiges Gerät" getragen.

Die Polizei stufe den Glasgower Anschlag als "terroristischen Vorfall" ein, erklärte der Regierungschef von Schottland, der Erste Minister Alex Salmond. "Wir analysieren das Risiko und ergreifen angemessene Vorsichtsmaßnahmen."

Die britische Regierung settze die Terror-Warnung auf das höchste Niveau. Die Lage sei "kritisch", sagte Innenministerin Jaqui Smith am Samstagabend in London. Die höchste Alarmstufe bedeutet, dass die Sicherheitskräfte mit einem unmittelbar bevorstehenden Anschlag rechnen müssen.

Die Erhöhung der Warnstufe von der zweithöchsten, die seit August 2006 galt, auf die höchste erfolgte am Samstagabend nach einer Sitzung des Notfallkabinetts.

"Ich möchte, dass alle Briten jetzt wachsam sind und die Polizei bei all den schwierigen Entscheidungen unterstützen, die sie zu treffen hat", sagte Premierminister Gordon Brown am Samstagabend nach der Sitzung in einer kurzen Fernsehansprache. "Ich weiß, dass das britische Volk vereint, unverwüstlich und stark zusammenstehen wird", betonte Brown.

Die britischen Behörden schlossen am späten Samstagabend zudem aus Sicherheitsgründen den John-Lennon-Flughafen in Liverpool. Die Schließung wurde nach Polizeiangaben in Folge der Ereignisse vom Flughafen Glasgow verfügt.

"Nach den Ereignissen von Glasgow wurde beschlossen, den Flughafen bis auf weiteres zu schließen", teilte die Polizei in Liverpool mit. Nähere Angaben zu den Beweggrunden wurden zunächst nicht gemacht. Die Entscheidung werde "fortlaufend überprüft", hieß es lediglich.

Augenzeugen des Vorfalls am Glasgower Flughafen sagte, einer der Männer hätte in Flammen gestanden. Sky News berichtete, ein Mann hätte vor dem Feuer eine Gasflasche aus dem Auto genommen. Das Feuer wurde gelöscht.

Ein Sprecher des Flughafenbetreibers sagte der britischen Inlandsnachrichtenagentur PA, an dem Terminal sei erheblicher Schaden entstanden. Mehrere Straßen in der Nähe seien gesperrt worden.

Verletzte Reisende gab es nicht. Augenzeugen berichteten, es sei Panik ausgebrochen. Ambulanzen und Polizei waren am Flughafen, die Polizei durchsuchte andere Fahrzeuge.

Auftraggeber al-Qaida?

Unterdessen weitete die Polizei die Suche nach den Planern der Anschläge von London aus. Es laufe eine internationale Fahndung, berichtete der Sender BBC. Scotland Yard wertete stundenlanges Material von Überwachungskameras aus. Die Regierung rief die Bevölkerung erneut auf, wegen der Terrorgefahr wachsam zu sein.

Am Freitag hatte die Polizei zwei Autobomben aus Benzin, Gasflaschen und Nägeln in der Londoner Innenstadt gerade noch rechtzeitig und eher aus Zufall entschärft. Die Explosionen hätten vermutlich hunderte Menschen verletzt oder getötet. Am 7. Juli 2005 waren bei Selbstmordanschlägen auf Londoner U-Bahnen und einen Bus 52 Menschen ums Leben gekommen.

Nach Presseberichten hatten islamistische Kreise nur Stunden vor der Entdeckung der ersten Autobombe am Freitagmorgen vor einem Nachtclub nahe Piccadilly Circus im Internet einen Anschlag in London angekündigt. Dabei sei auf das Terrornetzwerk al-Qaida als Auftraggeber verwiesen worden. Ein Motiv für die Empörung unter Muslimen sei die kürzliche Bekanntgabe der Erhebung des islamkritischen Autors Salman Rushdie in den Ritterstand, hieß es in der Times.

"Die Gefahr von Terroranschlägen ist derzeit sehr akut"

Britische Nachtclubs seien zudem einige Tage zuvor vor Terroranschlägen mit Fahrzeugen gewarnt worden. Ein mehr als 50 Seiten umfassendes Dokument, das Geschäftsleute auf die Gefahr von Autobomben hinweise, sei vor zwei Wochen von den Sicherheitskräften herausgegeben worden. Auch der "Tiger Tiger"-Club, vor dem ein Auto geparkt war, habe das Dokument bekommen.

Der US-Fernsehsender ABC berichtete, Attentäter hätten vergeblich versucht, die beiden Autobomben durch Mobiltelefonzünder zur Explosion zu bringen. In den Autos zurückgelassene Handys seien zwei Mal angerufen worden.

Nach Angaben der BBC haben Ermittler aus Aufzeichnungen von Beobachtungskameras Bilder mutmaßlicher Täter herausgefiltert. Londons Bürgermeister Ken Livingstone sagte, "die Gefahr von Terroranschlägen ist derzeit sehr akut".

Die Menschen sollten aber dennoch ausgehen und sich nicht verunsichern lassen. Zugleich warnte er vor einer "Verteufelung" der in Großbritannien lebenden Muslime. Großveranstaltungen wie eine Parade von Schwulen und Lesben an diesem Samstag sowie ein Konzert zum Gedenken an die Prinzessin Diana mit zehntausenden Teilnehmern am Sonntag fänden wie geplant statt.

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