Süddeutsche Zeitung

Terroranschläge in Indien:Bomben versetzen Mumbai in Angst

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Drei Sprengsätze innerhalb von 15 MInuten, alle detonieren zur Hauptverkehrszeit, alle in belebten Wohn- und Geschäftsvierteln, wo sie größtmögliches Leid anrichten: Die indische Metropole Mumbai ist, wie schon einmal 2008, erneut das Ziel von Terroristen geworden. Mindestens 21 sterben, über 120 werden verletzt. Hinter den Anschlägen vermutet die Regierung pakistanische Terrorgruppen.

Tobias Matern

Die Erinnerung an den furchtbaren Tag im November vor fast drei Jahren war sofort wieder präsent. Damals überfielen Terroristen die indische Finanzmetropole Mumbai. Sie schossen am Bahnhof um sich, stürmten zwei berühmte Hotels und töteten wahllos Menschen.

Nach drei Tagen hatten die Attentäter, die von Pakistan aus nach Indien gekommen waren, mehr als 160 Menschen umgebracht. Indiens Sicherheitskräfte waren blamiert, ein ganzes Land stand unter Schock. Gleich deutete Neu-Delhi auf Pakistan, den ungeliebten Nachbarn. Die beiden Atommächte brauchten lange, um zumindest wieder von so etwas wie einer Annäherung zu sprechen.

Auch am Mittwoch kam es in Mumbai innerhalb von fünfzehn Minuten zu drei Bombenanschlägen. Nach Angaben der Regierung starben bei den Explosionen mindestens 21 Menschen, 120 weitere Menschen wurden verletzt. Das Innenministerium in Delhi stufte die Vorgänge in Mumbai als koordinierten Terrorangriff ein, obwohl für die Anschläge zunächst niemand die Verantwortung übernahm. Anti-Terroreinheiten aus anderen Bundesstaaten wurden nach Mumbai abgezogen.

Die erste Detonation erschütterte nach Polizeiangaben während des Feierabendverkehrs gegen 19 Uhr Ortszeit den berühmten Juwelier-Basar. Ein Augenzeuge sagte, auf dem Basar seien zwei Motorräder explodiert. "Die Leute riefen, helft mir, helft mir'", sagte der Mann dem Sender Headlines Today.

Grausame Szenen

Nur eine Minute nach der ersten Detonation folgte eine Explosion im Geschäftsviertel Opera House. Kurz darauf explodierte ein Sprengsatz an einer Bushaltestelle im Wohnviertel Dadar im Süden der Millionenmetropole. Das Fernsehen zeigte grausame Szenen, etwa eine Straße mit vielen Blutflecken. Die Polizei in Mumbai teilte mit, es habe sich bei allen Anschlagszielen um Orte gehandelt, an denen sich zahlreiche Passanten aufgehalten hätten.

Ministerpräsident Manmohan Singh verurteilte die Anschläge und rief die Bevölkerung zur Ruhe auf. Die Behörden äußerten zunächst keine Vermutung, wer hinter den Explosionen stecken könnte. Aus Sicherheitskreisen in Mumbai hieß es jedoch, eine pakistanische Terrorgruppe könnte dafür verantwortlich sein. Auch indische Medien spekulierten über eine Verstrickung von Islamisten aus dem Nachbarland. Beweise gab es dafür zunächst keine.

Seit den Anschlägen in Mumbai vom November 2008 hatte Indien die Rhetorik im Umgang mit Pakistan deutlich verschärft. Die beiden Atommächte stehen sich in inniger Abneigung gegenüber. Am Mittwoch sprach die pakistanische Regierung Indien ihr Beileid aus. US-Präsident Barack Obama verurteilte das Attentat als "abscheulichen Angriff" und versprach, die USA würden ihrem Freund Indien helfen, die Täter zu finden. Außenministerin Hillary Clinton sagte, sie halte trotz der Anschläge an ihrem Plan fest, kommende Woche nach Indien zu reisen.

Hauptstreitpunkt zwischen Indien und Pakistan ist die Region Kaschmir. Sie ist geteilt, doch erheben beide Seiten vollen Anspruch darauf. Aus Indiens Sicht ist bewiesen, dass Pakistans Geheimdienst ISI die Anschläge 2008 plante - was Islamabad zurückweist. Der einzig Überlebende des Terrorkommandos, der Pakistaner Mohammed Ajmal Amir Kasab, war von einem indischen Gericht 2010 zum Tode verurteilt worden. Das Urteil wurde später zunächst ausgesetzt.

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Quelle:
SZ vom 14.07.2011
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