Terroralarm:Wie es zur Absage des Länderspiels kam

Deutschland - Niederlande abgesagt

Polizisten vor dem Stadion in Hannover: Keine Festnahmen, kein Sprengstoff gefunden - doch eine ganze Stadt in Aufregung.

(Foto: Christian Charisius/dpa)
  • Deutsche Sicherheitsdienste bekamen am Montagabend den Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes, dass angeblich ein Anschlag auf das Stadion in Hannover geplant sei.
  • Hinweise auf drohende Anschläge in Deutschland gab es seit den Attentaten auf die Redaktion von Charlie Hebdo immer wieder.
  • Diesmal jedoch waren sich Kanzleramt, das Bundesinnenministerium und die lokalen Sicherheitsbehörden einig, das Spiel abzusagen.

Von Hans Leyendecker und Georg Mascolo

Nach verheerenden Anschlägen wie am Freitag in Paris gibt es in auch in Nachbarländern oft Warnungen und Drohungen. In den allermeisten Fällen ist nichts dran. Es handelt sich um leere Drohungen. Die Staatsschützer sprechen dann von einem "erhöhten Warnaufkommen" und einem allgemeinen "Grundrauschen" .

Der Umgang mit der Bedrohung durch den Terror war nie einfach. Stets gibt es zwei Pole: Gelassenheit oder Panikmache. Dazwischen liegt der richtige Weg. Aber der Umstand, dass möglicherweise einige der Hintermänner von Paris immer noch unterwegs sind, macht die Behörden schon nervös.

Es wird observiert, abgehört und verdeckt ermittelt. Kein Hinweis soll, kein Hinweis darf übersehen werden. Im sogenannten Gemeinsamen Terrorismus-Abwehrzentrum (GTAZ) in Berlin sitzen 40 Bundes-und Länderbehörden zusammen, die mit Sicherheit zu tun haben. Hier entsteht das komplette Lagebild. Immer wieder gibt es Warnungen vor angeblich drohenden Anschlägen.

So bekamen die Sicherheitsdienste nach Informationen von Süddeutscher Zeitung, NDR und WDR am Montagabend den Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes, dass angeblich ein Anschlag auf das Stadion in Hannover geplant sei - ähnlich wie am vergangenen Freitag in Paris. Aber eine solche einzelne Warnung reicht nicht, um ein Spiel abzusagen. In der Eile lässt sich eigentlich nie klären, auf welche Quellen der Dienst seine Information stützt. Nicht selten ist es vom Hörensagen.

Stets blieb unklar, wie ernst der Hinweis wirklich genommen werden musste

Nach dem Attentat auf Charlie Hebdo in den Januartagen dieses Jahres hatte es ebenfalls zahlreiche Hinweise auf angeblich drohende Anschläge gegeben. So bekamen die Nachrichtendienste vor zehn Monaten beispielsweise einen Tipp, dass Anschläge auf deutsche Bahnhöfe bevorstünden. Aber es blieb unklar, wie ernst der Hinweis wirklich genommen werden musste.

Nach dem Massaker in der Redaktion von Charlie Hebdo war häufig Alarm ausgelöst worden. Jeweils begleitet von Schlagzeilen und Sondersendungen. Demonstrationen wurden verboten (Dresden), ein Karnevalszug wurde abgesagt (Braunschweig), schwer bewaffnete Polizisten wurden mit Maschinenpistolen auf Patrouille in die Innenstadt geschickt (Bremen).

In allen drei Fällen hat sich später der Verdacht auf angeblich geplante Anschläge nicht erhärtet. In Dresden basierte die Absage vor allem auf dem Hinweis eines ausländischen Nachrichtendienstes. Aber kaum jemand im Bund und im Land konnte die damalige Entscheidung der Sachsen nachvollziehen. Die Sachsen, hieß es, hätten von echten Gefahrenanalysen wenig Ahnung. Ähnlich war es bei den Absagen der Behörden in Niedersachsen und Bremen. Da war nicht viel.

Diesmal, bei der Absage des Länderspiels, gab es allerdings keinen Dissens. In Berlin und in Niedersachsen waren in Krisenrunden alle Hinweise gemeinsam bewertet und diskutiert worden. Das Kanzleramt, das Bundesinnenministerium und die Sicherheitsbehörden diskutierten über den ganzen Tag die Lage. Schließlich wurde entschieden, abzusagen, in allerletztem Moment. Diesmal hatten auch die Nachrichtendienste geschlossen für die Absage votiert.

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