Terror in Wien:"Wir werden Hass keinen Raum geben"

Österreichs Kanzler Kurz verurteilt den islamistischen Anschlag in Wien, bei dem vier Menschen sterben und mehr als zwanzig verletzt werden - und warnt vor einer Spaltung der Gesellschaft

Von Leila Al-Serori, Wien

Der Anschlag in Wien mit mehreren Toten und Verletzten hat nach den Worten von Sebastian Kurz einen islamistischen Hintergrund. "Es war ein Anschlag aus Hass, aus Hass auf unsere Grundwerte, aus Hass auf unser Lebensmodell, aus Hass auf unsere Demokratie", sagte Österreichs Kanzler in einer TV-Ansprache.

Der mutmaßliche Täter soll sich, mit einem Sturmgewehr und einer Machete bewaffnet, am Montagabend in die Wiener Innenstadt aufgemacht und dort aus nächster Nähe auf Passanten geschossen haben. Vier Menschen starben, darunter eine Deutsche, ehe die Polizei neun Minuten nach Eingang des Notrufs den Attentäter erschoss. Innenminister Karl Nehammer zufolge sei der 20-Jährige Sympathisant des sogenannten Islamischen Staats (IS) gewesen und einschlägig vorbestraft. Er wurde 2019 zu 22 Monaten Haft verurteilt, weil er versucht hatte, nach Syrien auszureisen, um sich dort dem IS anzuschließen. Aufgrund seines Alters wurde er vorzeitig entlassen. Informationen, wonach der Attentäter Kontakte zu in Deutschland lebenden Islamisten gehabt haben soll und auch deutschen Sicherheitsbehörden bekannt war, wollte das Bundesinnenministerium zunächst nicht bestätigen.

Auf weitere Attentäter gebe es derzeit keine Hinweise, sagte Karl Nehammer am Dienstagnachmittag. Es kam aber zu mehreren Hausdurchsuchungen und Festnahmen im Umfeld des Täters. In Winterthur in der Schweiz wurden zwei Männer in Zusammenhang mit der Tat verhaftet. Die österreichische Polizei will nun die verschiedenen Tatorte "abgehen" und ein Weg-Zeit-Diagramm erstellen, um festzustellen, ob das Vorgehen für einen Einzeltäter überhaupt möglich ist. Die Israelitische Kultusgemeinde schloss nach dem Terroranschlag alle Synagogen. Es ist unklar, ob der Anschlag dem beim Tatort gelegenen Stadttempel galt.

Sebastian Kurz kündigte an, dem Terrorismus mit allen Mitteln entgegenzutreten. Mögliche Hintermänner und Gleichgesinnte werde man "ausforschen, jagen und ihrer gerechten Strafe zuführen". Gleichzeitig appellierte er, die von den Islamisten gewollte Spaltung der Gesellschaft nicht zuzulassen: "Wir werden diesem Hass keinen Raum geben." Der Feind sei der islamistische Extremismus, nicht alle Angehörigen einer Religion. Deutschlands Außenminister Maas sagte: "Mit den Menschen in Wien und ganz Österreich verbindet uns die Trauer um die Opfer, aber auch die Entschlossenheit, Fanatismus und Terror mit aller Kraft entgegenzutreten."

Bei den Todesopfern handele es sich nach derzeitigem Stand um unbeteiligte Passanten, sagte Kanzler Kurz. Ein Polizist, der sich dem Täter in den Weg gestellt habe, sei angeschossen und verwundet worden. Mehr als zwanzig weitere Menschen seien zum Teil schwer verletzt worden.

Am Dienstagmittag fand für die Opfer eine Gedenkminute statt, die Regierungsspitze und Bundespräsident Alexander Van der Bellen legten Kränze nieder. Österreich hält für drei Tage Staatstrauer.

Der Anschlag ereignete sich kurz vor Inkrafttreten des zweiten Corona-Lockdowns. Viele Menschen hatten den letzten lauen Abend ohne Ausgangsbeschränkungen genutzt und waren in der Innenstadt unterwegs.

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