Islamistischer Terror:Monströse Taten, verwundbare Gesellschaften

24 killed in suicide bombing at Kuwait mosque

24 Menschen wurden bei dem Selbstmordattentat vergangenen Freitag in der Imam-Sadiq-Moschee in Kuwait getötet.

(Foto: dpa)

Tunesien, Frankreich, Kuwait - die Terroranschläge häufen sich. Der IS will den Ramadan zum Monat des Bluts machen. Die lose Netzwerk-Struktur und die menschenverachtende Ideologie machen ihn so gefährlich.

Kommentar von Paul-Anton Krüger

Der Terror traf die Urlauber am Strand in Tunesien ebenso unverhofft wie die Betenden in der Schiiten-Moschee in Kuwait oder die Arbeiter der Gasfabrik bei Lyon. Indes, den Attentaten war eine Ankündigung vorangegangen. Die Terrormiliz Islamischer Staat (IS) hatte zu Anschlägen im Fastenmonat Ramadan aufgerufen. Der Monat des Friedens soll zum Monat des Bluts werden.

Es gibt Hinweise, dass die Attacken von Libyen aus koordiniert wurden. Sicher ist: Die Propaganda verfängt. Junge Männer, von denen manche offenbar zuvor nicht groß aufgefallen waren, sind bereit, im Namen des Islamischen Staates monströse Taten zu begehen. Das macht die Bedrohung diffus und nur noch gefährlicher.

Gerade demokratische Gesellschaften sind nicht wehrlos aber verwundbar

Tunesien hat beim Schutz von Touristen aus dem Attentat vor vier Monaten in Tunis offenkundig nicht die nötigen Konsequenzen gezogen. Allerdings sind Einzeltäter, die vom Vormarsch des Islamischen Staates oder dessen menschenverachtender Ideologie fasziniert sind, für die Sicherheitsbehörden schwierig ausfindig zu machen, selbst bei engmaschiger Überwachung.

Lose Netzwerk-Strukturen haben sich schon im Kampf gegen al-Qaida als schwer durchdringbar erwiesen, die sich auch noch immer wieder erneuern. Getötete Kämpfer wie Führer werden durch andere ersetzt. Das Individuum zählt nichts in diesen Kreisen, der Tod gilt als erstrebenswert auf dem Weg zu überirdischem Heil. Das unterscheidet die Dschihadisten etwa von den Linksterroristen, die Europa in den Siebzigerjahren in Atem hielten.

Die Abschreckung des Strafrechts versagt gegen derart fanatisierte Menschen. Gerade demokratische Gesellschaften sind zwar nicht wehrlos, aber sie sind verwundbar, wenn sie ihre Freiheit und ihre Werte nicht aufgeben wollen. Das wissen die Angreifer nur allzu genau.

Mit neuen Anschlägen ist zu rechnen

Das Kalifat des Terrors gedeiht auf dem Boden scheiternder Staaten. Es füllt das Vakuum, unterwandert jeden Aspekt des Lebens, macht sich die Menschen untertan. In Irak und Syrien hat dieser Bund aus gehirngewaschenen Dschihadisten und militärisch geschulten Ex-Offizieren des säkularen Saddam-Regimes die Strategie vorgeführt. Seine Adepten versuchen nun, andernorts das Terrain zu bereiten für den ebenso umfassenden wie totalitären Machtanspruch des Kalifats.

In Kuwait wollen sie einen Krieg zwischen Schiiten und Sunniten entfachen, um Chaos zu stiften. In Tunesien wie in Ägypten zielen sie, um die wirtschaftliche Grundlage der geschwächten Staaten zu untergraben, auf den Tourismus. Es war mehr glücklichen Umständen zu danken als den ägyptischen Sicherheitskräften, dass bei dem Selbstmordattentat auf den Karnak-Tempel in Luxor vor zwei Wochen nicht ebenfalls Dutzende Menschen getötet wurden.

Die bittere Erkenntnis lautet: Mit neuen Anschlägen ist zu rechnen. In den Touristen-Gebieten Nordafrikas und Arabiens, in Moscheen, auf öffentlichen Plätzen - und der Islamische Staat wird auch nicht davon Abstand nehmen, seinen Krieg in die westlichen Länder zu tragen.

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