Terror-Verdacht:Angreifer von Paris war deutscher Polizei bekannt

Terror-Verdacht: Französische Polizisten am Tatort vom 7. Januar in Paris

Französische Polizisten am Tatort vom 7. Januar in Paris

(Foto: AFP)
  • Die Polizei hat bestätigt, dass der am Donnerstag in Paris erschossene Angreifer in Deutschland gelebt hat.
  • Ermittler durchsuchten seine Wohnung in einer Asylunterkunft in Recklinghausen, fanden aber offenbar keine Hinweise auf weitere geplante Anschläge.

Der Mann, der am Donnerstag eine Polizeistation in Frankreich angreifen wollte und dabei erschossen wurde, hat in einer Asylbewerberunterkunft in Recklinghausen gewohnt. Das teilte das Landeskriminalamt Nordrhein-Westfalen am späten Samstagabend mit. Einsatzkräfte der Polizei hätten nach Hinweisen von französischen Sicherheitsbehörden seine Wohnung durchsucht.

LKA-Angaben zufolge lebte der Mann als Asylbewerber unter verschiedenen Namen in Deutschland und war der Polizei als Kleinkrimineller bekannt. "Es sind uns sieben Identitäten bekannt", sagte der Direktor des nordrhein-westfälischen Landeskriminalamtes, Uwe Jacob, in Düsseldorf. Seine wahre Identität sei nicht geklärt. Es sei auch nicht klar, ob es sich um einen Syrer oder Tunesier gehandelt habe. Der Mann habe in Deutschland mehrfach im Gefängnis gesessen und sei wegen Delikten wie Drogenhandel, Körperverletzung und der Belästigung von Frauen auffällig geworden.

Keine Hinweise auf Komplizen

Bei Durchsuchungen der Wohnräume seien keine Hinweise auf weitere Anschlagspläne entdeckt worden. Es handele sich offenbar um einen Einzeltäter. Die Ermittlungen liefen aber noch, erklärte der Kriminalist. Der Mann sei zudem auch schon in Frankreich und Luxemburg wegen verschiedener Delikte festgenommen worden. Er habe außerdem Fahnen mit Zeichen der Extremistenmiliz Islamischer Staat angefertigt. In Deutschland habe er Asyl beantragt und eine Aufenthaltserlaubnis der Stadt Recklinghausen erhalten.

Der Bürgermeister der Stadt, Christoph Tesche (CDU), hatte sich nach Bekanntwerden des Falles bestürzt gezeigt und volle Zusammenarbeit mit den Behörden angekündigt. "Sollten wir zu der Aufklärung des Sachverhalts durch das Landeskriminalamt etwas beitragen können, werden wir das selbstverständlich unverzüglich tun", erklärte er in einer Mitteilung.

Die Welt am Sonntag hatte zuvor unter Berufung auf deutsche Sicherheitskreise berichtet, dass der Mann mehrfach polizeilich in Erscheinung getreten war und er unter dem Namen Walid Salihi Asyl beantragt habe. In dem Bericht war allerdings von vier Aliasnamen die Rede. Als Staatsangehörigkeit habe er mal syrisch, mal marokkanisch, mal georgisch angegeben. Eine LKA-Sprecherin wollte sich zum damaligen Zeitpunkt noch nicht zu dem Bericht äußern.

Der französische Innenminister Bernard Cazeneuve sagte entgegen den LKA-Angaben, es sei bekannt, dass der Mann tunesischer Herkunft ist und "dass er sich in mehreren Ländern der Europäischen Union aufgehalten haben soll, in Luxemburg, der Schweiz, Deutschland". Auf die Frage, ob der Mann möglicherweise Komplizen gehabt habe, erwiderte er - mit dem LKA übereinstimmend - in dem Interview mit mehreren französischen Medien: "Meines Wissens nicht."

Angriff am Jahrestag des Charlie-Hebdo-Attentats

Der Angreifer hatte am Donnerstag - dem ersten Jahrestags der Attacken auf das Pariser Stire-Blatt Charlie Hebdo - mit einem Metzgerbeil bewaffnet und "Allahu Akbar", "Gott ist groß", rufend Polizisten vor einem Kommissariat im Pariser Viertel Goutte d'Or nahe des Montmartre attackiert. Die wachhabenden Beamten erschossen den Mann, der auch eine Sprengstoffgürtel-Attrappe trug.

Bei der Leiche wurde später ein Bekennerschreiben mit einer aufgemalten Fahne der Terror-Miliz IS gefunden, in dem der Mann deren Anführer Abu Bakr al-Baghdadi die Treue schwört. Die Pariser Staatsanwaltschaft leitete deswegen Terror-Ermittlungen ein. Außerdem wurde im Handy des Mannes eine deutsche Sim-Karte sichergestellt.

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