Terror in Paris:Warum Berlin das verhängnisvolle K-Wort meidet

Terror in Paris: Längst im Krieg? Kurdische Kämpfer mit deutschen Waffen.

Längst im Krieg? Kurdische Kämpfer mit deutschen Waffen.

(Foto: Jens Meyer/AP)

Berlin versucht Debatten über mögliche Militäreinsätze gegen den IS zu bremsen - und sichert zugleich Frankreich volle Unterstützung zu.

Von Stefan Braun und Christoph Hickmann, Berlin

Angela Merkel wählte klare Worte. "Jedwede Unterstützung" werde Deutschland seinen französischen Freunden gewähren, erklärte die Kanzlerin nach der Terrornacht in Paris. "Wir werden alles tun, um bei der Jagd auf die Täter zu helfen und gemeinsam den Kampf gegen diese Terroristen zu führen." Deutlicher konnte Merkel kaum werden. Ihre Sprecherin wiederholte dies am Montag sogar noch.

Doch so klar diese Botschaft sein sollte, so unklar ist, welche Folgen sie für Deutschland, die Bundeswehr, die deutschen Sicherheitsbehörden haben könnte.

Ja, es gibt einen massiv erhöhten Informationsaustausch zwischen den Behörden. Und es gibt das Angebot Berlins, in der Not auch mit Polizeieinheiten zu helfen. Ansonsten aber ist die Bundesregierung fürs Erste bemüht, jede Debatte über militärische Konsequenzen im Keim zu ersticken.

So erklärte das Auswärtige Amt, es sei klar, dass der sogenannte Islamische Staat (IS) nicht nur, aber vor allem militärisch besiegt werden müsse. Mit ihm gebe es kein Reden und kein Verhandeln.

Erinnerung an Schröders "uneingeschränkte Solidarität"

Zugleich aber sei offen, welche Bitten Paris an Berlin oder die Nato richten werde. Das Verteidigungsministerium ergänzte dies mit den Worten, dass Spekulationen über neue Militäreinsätze viel zu früh kämen.

Diese Sicht auf die Dinge dürfte Vizekanzler Sigmar Gabriel zupass kommen. Der SPD-Chef versuchte am Montag noch deutlicher, Überlegungen einer militärischen Beteiligung am Kampf gegen den IS einen Riegel vorzuschieben. Zwar klang Gabriel zunächst ganz anders, weil er zu Beginn seines Auftritts ausgerechnet an die Formulierung Gerhard Schröders nach dem 11. September 2001 erinnerte.

Der damalige Kanzler hatte den USA nach den Anschlägen in New York und Washington die "uneingeschränkte Solidarität" Deutschlands versprochen. Gabriel sagte am Montag im Willy-Brandt-Haus, man stehe "mit unverbrüchlicher Solidarität oder, wie das mal gesagt wurde, mit uneingeschränkter Solidarität an der Seite unserer französischen Freunde".

Terror in Paris: Meiden das K-Wort: Angela Merkel und Sigmar Gabriel

Meiden das K-Wort: Angela Merkel und Sigmar Gabriel

(Foto: AFP)

Kaum hatte er diese Parallele gezogen, stellte er klar, dass es "überflüssig" sei, über einen Militäreinsatz zu diskutieren. "Es gibt keine derartige Anfrage an uns, und daher ist es auch unsinnig, darüber zu spekulieren."

Zunächst müsse es darum gehen, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Danach müsse die internationale Gemeinschaft gegen den IS vorgehen. Basis für ein militärisches Vorgehen könne nur ein Beschluss der UN sein. Und davon sei man "leider ein gutes Stück entfernt".

Berlins Beteiligung am Kampf gegen den IS

Letzteres ist nicht falsch und zugleich interessant. Denn genaugenommen beteiligt sich Deutschland seit einem Jahr auch ohne Resolution des UN-Sicherheitsrates am Kampf gegen den IS. Seit September 2014 hat Berlin Waffen an die kurdischen Peschmerga im Nordirak geliefert und inzwischen 4700 kurdische Kämpfer ausgebildet.

All das tut die Bundesregierung nicht etwa still und leise. Am Montag zeigte sich das Auswärtige Amt hochzufrieden mit dem, was getan wurde. Angesichts jüngster Erfolge der Peschmerga zeige sich, dass Deutschlands Einsatz im Nordirak Früchte trage, so ein Sprecher.

Damit zeichnet sich ab, dass Berlin die Peschmerga weiter stärken möchte, aber bei jedem weiteren Einsatz bremsen wird. Das erklärt auch am besten, warum sich Gabriel und Merkel so gegen das Wort "Krieg" wehren, den die Terroristen nach Europa getragen hätten.

Gabriel erklärte die Debatte für überflüssig, obwohl Paris genau dieses Wort seit Freitag verwendet. Und Merkels Sprecherin betonte, umgangssprachlich könne man es zwar verwenden, sie aber lehne das ab, weil sich daraus völkerrechtliche Konsequenzen ergeben könnten. Genau über diese Folgen will in Berlin niemand sprechen.

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