Terror in Asien:Islamisten setzen sich mit brutalen Morden in Szene

Philippines pledges to neutralize Abu Sayyaf rebels following Can

Polizisten stehen in der Stadt Jolo an der Stelle, an der philippinische Terroristen den abgetrennten Kopf des Kanadiers John Ridsdel in einer Tüte auf die Straße warfen.

(Foto: dpa)
  • Der brutale Mord an einem Kanadier erschüttert die Philippinen.
  • In einigen Ländern der Region grassiert der Terror.
  • Hinweise auf international koordinierte Aktionen fehlen bisher.

Von Arne Perras

Zwei Männer kamen auf Motorrädern in die Stadt Jolo gebraust. Sie hatten eine Plastiktüte bei sich, warfen sie auf die Straße und fuhren wieder davon. Als jemand die Tüte aufhob und öffnete, fand er darin: einen Kopf. Der örtliche Polizeichef Junpikar Sitin hat diese grausige Szene in den philippinischen Medien beschrieben. Und inzwischen weiß man auch, wer das Opfer ist. Der Kanadier John Ridsdel.

Der 68-Jährige war im September von der südphilippinischen Terrorgruppe Abu Sayyaf entführt worden, zusammen mit einem weiteren Kanadier, einem Norweger und einer Philippinerin. Abu Sayyaf drohte, eine der drei ausländischen Geiseln zu töten, wenn das geforderte Lösegeld nicht bis zum gesetzten Ultimatum bezahlt sei. Für jeden Einzelnen der Ausländer verlangten sie angeblich jeweils 300 Millionen Pesos, umgerechnet 5,7 Millionen Euro. Die Frist war am Montagnachmittag um drei Uhr abgelaufen. Und die Terroristen machten ihre Drohung wahr.

In diesen Tagen kommen Meldungen über grauenvolle Morde mit terroristischem Hintergrund nicht nur von den Philippinen. Im südasiatischen Bangladesch starben seit dem Wochenende drei Männer, die mit Macheten und Messern massakriert wurden. Alle diese Taten haben nach ersten Erkenntnissen einen islamistischen Hintergrund. Zwar gibt es keinerlei Hinweise darauf, dass die Morde in beiden Ländern in irgendeiner Form koordiniert sein könnten. Eines aber haben sie zumindest gemein: Die Terroristen töten äußerst gezielt und inszenieren ihre Taten auf möglichst gruselige Weise.

Mord als drohendes Zeichen

Der Mord ist also nicht nur Mord, er wird zum drohenden Zeichen. Diese Signale dienen dazu, Druck aufzubauen und maximale Einschüchterung zu erzielen. Die Motive allerdings unterscheiden sich doch erheblich: Im Falle der philippinischen Mörderbande geht es darum, Geld für ihre Terrorherrschaft einzutreiben, während die Täter in Bangladesch ihre Opfer doch eher massakrieren, um deren Ideen und Gedanken zu töten.

Das Muster der Terrorserie in Bangladesch setzt sich ab von den schon vertrauten islamistischen Großattacken, die ihre Wirkung vor allem durch große Mengen Sprengstoff erzielen. Solche Angriffe wirken oftmals wahllos, weil sie im Prinzip jeden treffen können, der zur falschen Zeit am falschen Ort ist - an einem Flughafen vielleicht, am Bahnhof oder einem großen Marktplatz, was immer auch gerade ins Visier von Terroristen gerückt ist. In Bangladesch aber wählen die Täter ihre Opfer sehr gezielt aus, sie töten Einzelne, Schlag auf Schlag, nach Möglichkeit in aller Öffentlichkeit und auf bestialische Weise. Sie zerhacken ihre Opfer mit Macheten oder Fleischermessern, bevor sie - häufig unerkannt - fliehen. Die Taten sind Strafe und Abschreckung anderer zugleich. Ihr Ziel ist es, Andersdenkende so sehr einzuschüchtern, dass sie sich ergeben.

Zahlreiche Blogger sind in den vergangenen Jahren auf diese Weise ums Leben gekommen, die meisten haben den Säkularismus hochgehalten und auf die Gefahren hingewiesen, die ein radikalisierter Glauben für eine Gesellschaft bedeuten kann. Dafür wurden sie gezielt - und vor allem im Licht der Öffentlichkeit - hingerichtet. Als Warnung an alle, die ähnlich denken wie die zerstückelten Opfer: Seht her, was euch geschehen kann, wenn ihr nicht kuscht und schweigt.

Das Signal ist unübersehbar: Niemand schützt die Opfer

Der Kreis der Opfer hat sich dabei offenbar kontinuierlich erweitert. Jüngst traf es den Englisch-Professor Rezaul Karim Siddique, der sich gar nicht auffällig in Debatten über Religion eingemischt hatte. Er liebte das Spiel der Sitar und war ein begeisterter Förderer von Kultur und Musik. Offenbar reichte das schon aus, um ihn ins Visier radikaler Islamisten zu bringen. Kurz nach ihm starben Anfang der Woche zwei Männer, die für ein Homosexuellen-Magazin gearbeitet haben. Auch dies war ein blutiges Zeichen gegen alle, die sich nicht dem Dogma islamistischer Hardliner beugen wollen, ein brachialer Angriff auf eine Gesellschaft der Vielfalt und der Toleranz.

Solche Taten lassen den Staat schwach erscheinen, was wiederum die Furcht in der Gesellschaft noch weiter anheizt. Denn das Signal ist unübersehbar: Niemand schützt die Opfer. So arbeiten die Täter darauf hin, den gesellschaftlichen Diskurs gewaltsam zu manipulieren, indem sie Andersdenkende brutal zum Schweigen zu bringen. Bangladeschs Premierministerin Sheikh Hasina hat zwar versprochen, Straftaten dieser Art zu verfolgen, doch zumeist blieben die Morde ungesühnt. Und kürzlich sagte die Regierungschefin, dass man besser keine Dinge schreiben sollte, die religiöse Gefühle von anderen verletzen könnten. Für manche klang das schon wie eine Kapitulation vor der rohen Gewalt, deren Drahtzieher genügend Raum haben, um ihren gezielten Terror weiterzutreiben.

Die Inszenierung des Todes als Drohgebärde nutzt auch die Terrorbande Abu Sayyaf auf den Philippinen. Allerdings verfolgte sie dabei andere Motive als die Täter in Bangladesch. Abu Sayyaf erpresst Lösegeld, die Gruppe braucht ständig neue Millionen, um ihr kleines Banditen-Reich im Süden der Philippinen auszubauen und zu verteidigen. Zwar sind auch diese Kämpfer religiös radikalisiert, doch ihre Gewalt dient nicht vornehmlich dazu, Andersdenkende auszuschalten. Abu Sayyaf nutzt das Schwert, um die Preise bei Entführungen hochzuhalten. Deren Anführer köpften schon Menschen, als es den sogenannten Islamischen Staat im Nahen Osten noch gar nicht gab.

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