Terror-Geschichte:RAF wollte Willy Brandt entführen

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Um ihre inhaftierte Führungsspitze freizupressen, entführte die RAF 1977 Arbeitgeberpräsident Hanns-Martin Schleyer. Zuvor hatten die Terroristen offenbar mit dem Gedanken gespielt, eine weitaus prominentere Geisel zu nehmen.

Terroristen der RAF haben 1977 nach einem Zeitungsbericht offenbar die Entführung des damaligen SPD- Vorsitzenden Willy Brandt geplant. Das gehe aus dem bisher geheim gehaltenen und jetzt veröffentlichten Urteil des Oberlandesgerichts Stuttgart vom April 1985 gegen die früheren RAF-Terroristen Christian Klar und Brigitte Mohnhaupt hervor, berichtet die Bild-Zeitung.

SPD-Chef Brandt 1977 (Foto: Foto: dpa)

Danach soll Mohnhaupt im April 1977 mit vier anderen RAF-Terroristen im niederländischen Utrecht eine "Aktion gegen Willy Brandt" besprochen haben. Dabei sei es wahrscheinlich um eine mögliche Entführung des Ex-Bundeskanzlers und einen Austausch gegen RAF-Häftlinge, die in Stuttgart-Stammheim inhaftiert waren, gegangen.

In dem Urteil werden die Überlegungen der Terroristen der Zeitung zufolge mit den Worten wiedergegeben: "Ein solches Unternehmen sollte dem Ziel einer Befreiung der Stammheimer Häftlinge nutzbar gemacht werden."

Aus den Unterlagen geht weiter hervor, dass die RAF im Juni 1977 einen Anschlag auf eine Außenministerkonferenz in Luxemburg geplant hatte. Das Tagungsgebäude sei bereits ausspioniert worden.

Dem Urteil zufolge schlug der inzwischen aus der Haft entlassene frühere RAF-Terrorist Peter-Jürgen Boock damals seinen Komplizen vor: "Man könnte unter Einsatz eines Lastkraftwagens die Fensterfront des Konferenzsaales durchbrechen und dann Sprengladungen hochgehen lassen."

Bisher unbekannte Details enthalte das Urteil auch über die Entführung und Ermordung des damaligen Arbeitgeberpräsidenten Hanns-Martin Schleyer im Herbst 1977. Danach sollen die Terroristen während der Entführung persönlich beim Sohn und guten Freunden Schleyers angerufen haben.

Damit sollte der Druck auf die Bundesregierung erhöht werden, auf die Forderung der Terroristen nach Freilassung inhaftierter RAF-Gesinnungsgenossen einzugehen.

Dem Urteil zufolge gab es allein am 12. und 13. September 1977 insgesamt 21 Anrufe der Terroristen, bei denen sie den Angerufenen ihre Forderungen Wort für Wort diktierten.

Auch zur Ermordung von Generalbundesanwalt Buback im April 1977 gibt es in dem Urteil bisher unbekannte Aussagen: So steht fest, dass der damalige RAF-Terrorist Knut Folkerts an der Ermordung Bubacks beteiligt war. Folkerts sei unmittelbar nach der Tat "zweifelsfrei" von einem Zeugen als Fahrer des Tatwagens erkannt worden, zitiert die Bild aus dem Urteil.

Folkerts selbst hatte bestritten, an dem Mord beteiligt gewesen zu sein. Im Frühjahr hatten Aussagen anderer ehemaliger RAF-Terroristen für Aufsehen gesorgt, nach denen nicht Folkerts, sondern Stefan Wisniewski (54) auf Buback geschossen haben soll.

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