Terrorismus:Weltweit weniger Tote durch Anschläge

Terrorismus: Im Oktober 2017 starben bei einem Anschlag in Somalias Hauptstadt Mogadischu 587 Menschen.

Im Oktober 2017 starben bei einem Anschlag in Somalias Hauptstadt Mogadischu 587 Menschen.

(Foto: AFP)
  • 2017 sind weltweit 27 Prozent weniger Menschen durch Terrorangriffe gestorben als im Jahr zuvor.
  • Für die meisten Toten ist noch immer der sogenannte Islamische Staat verantwortlich, er hat aber deutlich an Stärke eingebüßt.
  • Die Zahl der Toten durch rechtsextreme Terroranschläge ist wieder angestiegen.

Von Philipp Saul

2017 sind weltweit 18 814 Menschen durch Terrorangriffe gestorben. Die Anzahl der Todesfälle durch den internationalen Terrorismus ist im vergangenen Jahr demnach um gut ein Viertel gesunken. Das geht aus dem Global Terrorism Index des Institute for Economics & Peace (IEP) hervor. Nach dem Höhepunkt im Jahr 2014 sinkt die Zahl der Todesfälle durch Terror damit bereits das dritte Jahr in Folge. Damals starben mehr als 32 600 Menschen.

Am stärksten vom Terrorismus betroffen sind laut IEP Afghanistan, Irak, Nigeria, Somalia und Syrien. In allen fünf Ländern starben 2017 jeweils mehr als 1000 Menschen durch Terror. 19 weitere Länder verzeichneten mehr als 100 Todesfälle.

Steve Killelea vom IEP sieht einen Zusammenhang zwischen Terrorangriffen und gleichzeitig stattfindenden Kriegen: "Von den zehn am stärksten vom Terrorismus betroffenen Ländern waren alle in mindestens einen gewalttätigen Konflikt verwickelt und acht in einen großen Krieg mit mindestens 1000 Toten durch Kämpfe." Auch sogenannter politischer Terror, also außergerichtliche Tötungen, Folter und Inhaftierungen ohne Prozesse spielen ihm zufolge eine große Rolle.

Auch wenn Irak und Syrien zu den Staaten mit den meisten Toten gehören, starben dort 2017 etwa 5500 respektive etwa 1000 Menschen weniger als im Vorjahr. Weltweit verzeichneten sie damit den stärksten Rückgang. Es sind die beiden Länder, in denen der sogenannte "Islamische Staat" (IS) lange Zeit am stärksten agierte. Aufgrund von Gebietsverlusten und dem Rückgang finanzieller Einnahmen hat die Terrororganisation viel von ihren Kapazitäten verloren, die es ihr ermöglicht hatten, Terroranschläge zu organisieren. Pro IS-Anschlag sterben inzwischen durchschnittlich weniger Menschen als früher. Die Zahl der Toten durch Attacken, die dem IS zugeschrieben werden, sei im Vergleich zum Vorjahr um mehr als die Hälfte gesunken.

Mit insgesamt 4350 vom IS getöteten Menschen sei diese noch immer die mörderischste Terrororganisation der Welt. Ihre Schwächung sei aber auch in Europa zu bemerken, wo die Zahl der Opfer tödlicher Anschläge um 75 Prozent auf 204 gesunken sei. Dazu habe auch "die Aufstockung der Mittel für die Terrorismusbekämpfung in Verbindung mit besseren Überwachungstechniken" in den europäischen Staaten beigetragen, erklärt Killelea.

Allerdings hängt die Zahl der Totesopfer in einzelnen Ländern stark von bestimmten Ereignissen ab. Das zeigen besonders die Beispiele Somalia und Ägypten. Hier ist die Zahl der Toten laut Statistik am stärksten angestiegen. Ursache dafür ist, dass in diesen zwei Ländern 2017 auch die weltweit tödlichsten Anschläge von Terrorgruppen stattfanden. Ein Selbstmordattentäter der Al-Shabaab tötete in Somalias Hauptstadt Mogadishu mit einem mit Sprengstoff beladenen Fahrzeug 587 Menschen - das waren mehr als ein Drittel der insgesamt 1470 Menschen, die in Somalia durch Terrorattacken insgesamt starben.

In Ägypten tötete ein einzelner Attentäter in einer Moschee auf der Sinai-Halbinsel mit Sprengstoff und Schüssen 311 der 655 Menschen, die in dem Land dem Terror zum Opfer fielen.

Rechtsextremer Terrror nimmt zu

Während für die meisten Toten djihadistische Gruppen verantwortlich seien, habe insbesondere in Westeuropa und Nordamerika die Gefahr durch rechtsextremen Terror zugenommen, berichtet die IEP. So waren Rechtsterroristen 2017 für 59 Anschläge verantwortlich, bei denen 17 Menschen starben. Die meisten der Anschläge seien von einzelnen Akteuren mit rassistisch-nationalistischen oder antimuslimischen Überzeugungen begangen worden.

Auch bei den Zahlen zum rechtsextremen Terror stechen einzelne Anschläge besonders hervor. So kam es etwa 2011 zu vier Anschlägen in Westeuropa und Nordamerika - was keine auffallend hohe Zahl ist. Es starben in diesem Jahr in Europa jedoch insgesamt 79 Menschen durch die Hand von Rechtsterroristen. Für die meisten der Opfer ist der Norweger Anders Behring Breivik verantwortlich, der in Oslo und auf der Insel Utøya 77 Menschen ermordete. Es ist deshalb schwierig, aus den Zahlen der Opfer allein allgemeine Schlüsse zu ziehen.

Zieht man jedoch die Zahl der Anschläge hinzu, scheint die Schlussfolgerung der Forscher gerechtfertigt: Die Gefahr von Angriffen rechtsextremer Täter nimmt zu. So gab es im Jahr 2014 in Nordamerika und Europa zehn Anschläge. In den folgenden beiden Jahren waren es mehr als doppelt so viele, und 2017 ging ihre Zahl extrem in die Höhe.

Zu einem der schlimmsten Angriffe kam es im August 2017 in der US-Stadt Charlottesville im Bundesstaat North Virginia. Ein weißer Extremist fuhr bei dem rechten Aufmarsch "Unite the Right" mit seinem Auto in eine Gruppe linker Gegendemonstranten, tötete eine Frau und verletzte 19 weitere Menschen.

Auch im Jahr 2018 hat rechter Terror etliche Todesopfer gefordert. So ermordete ein Mann in einer Synagoge in Pittsburgh elf Menschen im Alter zwischen 50 und 97 Jahren und verletzte sechs weitere. Augenzeugen zufolge soll er beim Eindringen in die Synagoge gerufen haben: "Alle Juden müssen sterben."

Zur SZ-Startseite

Massaker in Synagoge in Pittsburgh
:Die Sicherheit ist brüchig geworden für Amerikas Juden

Ein Antisemit eröffnet in einer Synagoge in Pittsburgh das Feuer. Elf Menschen sterben. Er soll die Tat auf einem Internetportal angekündigt haben, das insbesondere bei Rechten beliebt ist.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: