Die Szene von der Ermordung des Generalbundesanwalts Siegfried Buback und seiner Begleiter am 7. April 1977 in Karlsruhe hat sich eingebrannt ins Bewusstsein der Nation. Zu diesem Bild gehört auch die Suzuki GS 750, auf der die Mörder saßen und ballerten, und vielleicht auch der Alfa Romeo, in dem sie später flüchteten. Geeignete Exponate möglicherweise für das Haus der Geschichte zu Bonn, zu dessen Mythenschatz die Schreibmaschine des RAF-Terroristen Andreas Baader gehört.
Aber das Fluchtauto der Buback-Mörder und das Tatmotorrad stehen weder im Museum noch in einer Asservatenkammer. Im Prozess zum Mordfall Buback gegen die frühere RAF-Terroristin Verena Becker erklärte in der vorigen Woche ein Kriminalbeamter als Zeuge, er könne zum Verbleib der Fahrzeuge nichts sagen. Sie seien weg. Verschwunden.
Sofort war in Medien von einer "Polizei-Panne" die Rede, einige Verschwörungstheoretiker mutmaßten gar, jemand habe eine Spurensuche verhindern wollen. Eher gelassen blieb Michael Buback, der Sohn des Ermordeten, der in dem Prozess als Nebenkläger auftritt: "Das ist eine erstaunliche Geschichte. Ich muss allerdings sagen, dass ich im Zusammenhang mit den Ermittlungen zum Tod meines Vaters schon sehr viel Erstaunliches zur Kenntnis nehmen musste", sagte er.
Blutspuren an der Motorradkleidung
Die Bundesanwaltschaft erklärte den Vorgang so: "Nachdem die spurensichernden Maßnahmen nach dem damaligen Stand der Kriminaltechnik abgeschlossen waren, erfolgte die Freigabe des Motorrads, weil es als Beweismittel nicht mehr benötigt wurde."
Nicht verschwunden aber sind eine Motorradjacke, die einer der Mörder trug, sowie die beiden Motorradhelme und Motorhandschuhe. Alle liegen sie in einer Asservatenkammer - wie es sich gehört. An der Motorradkleidung und an einem Helm wurden Blutspuren festgestellt. Sie stammen von einer Person mit der Blutgruppe A. Verena Becker, die von Michael Buback als Schützin verdächtigt wird, hat Gruppe B. Haaranhaftungen, die aus einem Motorradhelm genommen wurden, stimmen nicht mit Kopfhaarproben Beckers überein. Auch haben DNS-Untersuchungen im Jahr 2008 ergeben, dass Mischspuren, die damals auf dem anderen Motorradhelm sowie an der Motorradjacke und einem Handschuh festgestellt worden waren, nicht von Becker stammen.
Wenn neuartige DNS-Analysen heute Erkenntnisse bringen können, die früher nicht möglich waren - könnte dann nicht auch die Suzuki 550 GS heute als Beweismittel noch etwas hergeben? War es ein Fehler, sie freizugeben?
Eher nicht. Die Spur des Motorrads, das - wie bei einem gewöhnlichen Kriminalfall - von den Behörden nach den Untersuchungen und der Freigabe verkauft wurde, führt in den Kreis Böblingen. Die Pforzheimer Zeitung berichtete jetzt, die Maschine sei 1982 von einem dort lebenden Motorradfahrer gekauft worden. Durch eine Annonce im Wochenblatt sei er auf die zum "Spottpreis" angebotene Maschine aufmerksam geworden.
Die im März 1977 von einem Terroristen in Düsseldorf angemietete Maschine war im selben Monat erst auf den deutschen Markt gekommen und hatte im April nur wenige Kilometer auf dem Tacho. Der neue Besitzer soll, wie einer seiner Kumpel berichtete, gewusst haben, um welche Maschine es sich handelte. Die Suzuki sei im Freundeskreis "die Buback" genannt worden. Jetzt soll das Motorrad erneut von Kriminaltechnikern untersucht werden.