Frankreich:Half der Chef von Telegram beim Vereiteln von Terroranschlägen?

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Pawel Durow 2016 bei einem Kongress in Barcelona. (Foto: Albert Gea/Reuters)

Pawel Durow hat nach seiner Festnahme in Frankreich beteuert, er habe mit dem französischen Inlandsgeheimdienst zusammengearbeitet. Das kommt ziemlich überraschend – auch für die Behörde.

Von Oliver Meiler, Paris

Es gibt keine aktuellen Bilder von Pawel Durow, zumindest keine öffentlichen. Seitdem sich der Gründer und Chef von Telegram, dem viel diskutierten russischen Messengerdienst, in Frankreich aufhält, gibt er sich noch diskreter als sonst schon.

Es hätte ja sein können, dass man ihn einmal dabei sieht, wie er in ein Polizeikommissariat tritt, irgendwo in Frankreich. Das muss er jetzt zweimal pro Woche tun. Seit die Pariser Staatsanwaltschaft ein Ermittlungsverfahren in zwölf Punkten gegen den 39-jährigen Milliardär eingeleitet hat, darf er das Land nicht mehr verlassen. Aber nichts, keine frischen Fotos. Es gibt auch keine Hinweise auf seinen Aufenthaltsort; Durow soll mehrere Immobilien in Frankreich besitzen.

Die Vorwürfe seien alle „ganz falsch“, sagt der Milliardär

Dafür gibt es jetzt neue Details zu seiner spektakulären Verhaftung am 24. August und der Anhörung während der viertägigen U-Haft. Mehrere französische Zeitungen berichten, Durow habe den Ermittlern erzählt, dass er für die Terrorbekämpfung schon lange mit dem französischen Inlandsgeheimdienst DGSI zusammenarbeite und dafür Informationen preisgebe, die auf seinem verschlüsselten Netzwerk zirkulierten: Er habe dafür eine direkte Telefonverbindung zum DGSI eingerichtet.

Das behauptet er nun auch in einem langen Post auf Telegram. Er sei deshalb „sehr überrascht“ darüber, dass er verantwortlich gemacht werde für Inhalte, die andere auf seiner Plattform publizierten. Telegram sei kein „anarchistisches Paradies“, seine Firma lösche „jeden Tag Millionen Posts und schädliche Kanäle“, die Vorwürfe seien also alle „ganz falsch“.

Das Gegenteil sei vielmehr wahr: Dank seiner Hinweise hätten Anschläge verhindert werden können, angeblich auch jüngst wieder, vor den Olympischen Spielen.

Durow hatte sich immer geweigert, mit den französischen Behörden zusammenzuarbeiten

Kann das sein? Durow ist in Frankreich gerade deshalb ins Visier der Justiz geraten, weil er sich mit Verweis auf die Meinungsfreiheit auf seiner Plattform immer weigerte, mit den französischen Behörden zu kooperieren – etwa im Kampf gegen Kinderpornografie, Betrug, Drogenhandel, Geldwäscherei. Sie werfen ihm vor, Telegram nicht zu moderieren und zu kontrollieren, er sei deshalb Komplize der Verbrechen.

Macht er beim Kampf gegen den Terrorismus eine Ausnahme? Die stets hervorragend informierte Wochenzeitung Le Canard enchaîné hat bei ihren Kontakten bei der DGSI nachgefragt, ob es denn wahr sei, was Durow behaupte, und die dementierten. Das Gegenteil sei wahr: Man habe Durow in der Vergangenheit oft um Hilfe gebeten, ohne je erhört zu werden.

Bei seiner Ankunft in Paris prahlte Durow auch mit seiner persönlichen, ja freundschaftlichen Nähe zu Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron. Er sagte gar, er werde im Élysée zum Dinner erwartet, als sie ihn festnahmen. Macron, der Durow oft traf und ihm vor drei Jahren dank schnellem Sonderverfahren einen französischen Pass verschafft hatte, musste öffentlich dementieren – peinlich berührt.

Angeblich wurde die geplante Festnahme vor Präsident Macron gezielt geheim gehalten

Der Canard enchaîné berichtet, die Pariser Staatsanwaltschaft habe ihren Coup mit der Festnahme Durows ganz gezielt vor dem Präsidenten geheim gehalten, um sich keinen politischen Pressionen auszusetzen.

Durow rief aus der U-Haft als Erstes Xavier Niel an, den berühmten französischen Telekomunternehmer und Freund aller globalen Techgrößen. Und Niel rief sofort Macron an, um ihn über die Verhaftung zu unterrichten – im Wissen um die Brisanz der Affäre.

Als Kritik aus aller Welt aufkam, fühlte sich der Präsident dann gedrängt, ein Kommuniqué aufzusetzen. Darin schrieb er, die Festnahme habe keine politischen Motive, sondern allein juristische. Oder anders: Es wäre ihm wohl lieber gewesen, Durow wäre nicht verhaftet worden. Durow wiederum hielt es wahrscheinlich einfach für unmöglich, dass ihm ausgerechnet Frankreich, das ihn eingebürgert hat und wo er sich „Paul du Rove“ nennen ließ, ein Bein stellen würde.

Fünf Millionen Euro Kaution musste er bezahlen, damit ihn die Justiz aus der Haft entließ – unter Auflagen, wie sie einem Libertären wie Pawel Durow nicht gefallen können.

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Von Silke Bigalke, Andrian Kreye und Oliver Meiler

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